Rz. 33

Jedem Unternehmer kann – unabhängig von seiner Rechtsform und der Art der von ihm ausgeführten Umsätze – die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten von dem zuständigen FA gestattet werden, wenn sein Gesamtumsatz im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat. Seit dem 1.1.2012 ist die Umsatzgrenze zeitlich unbefristet in § 20 S. 1 Nr. 1 UStG enthalten; bis 31.12.2019 betrug sie 500.000 EUR.

 

Rz. 34

Die Gesamtumsatzgrenze ist in den vergangenen Jahren mehrfach angepasst worden und war für Unternehmer in den neuen Bundesländern zeitweise höher, als für Unternehmer, für die ein FA in den alten Bundesländern zuständig war. Die Gesamtumsatzgrenzen haben sich wie folgt entwickelt:

 
Zeitraum Umsatzgrenze für Unternehmer in den alten Bundesländern Umsatzgrenze für Unternehmer in den neuen Bundesländer
v. 1.1.1968 bis 31.12.1995 250.000 DM (seit Beitritt) 250.000 DM
v. 1.1.1996 bis 31.12.2001 250.000 DM   1.000.000 DM
v. 1.1.2002 bis 30.6.2006 125.000 EUR   500.000 EUR
v. 1.7.2006 bis 30.6.2009 250.000 EUR   500.000 EUR
v. 1.7.2009 bis 31.12.2011 (befristet) bundeseinheitlich 500.000 EUR[1]
v. 1.1.2012 bis 31.12.2019 unbefristet bundeseinheitlich 500.000 EUR
seit 1.1.2020 unbefristet bundeseinheitlich 600.000 EUR
 

Rz. 35

Für Unternehmer, für deren Besteuerung nach dem Umsatz nach § 21 Abs. 1 S. 1 AO ein FA in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags[2] bezeichneten Gebiet zuständig war, war seit dem 1.1.1996 eine Umsatzgrenze von 500.000 EUR (bis 31.12.2001 1 Mio. DM) maßgeblich. Ziel der Regelung war die Verbesserung der Liquiditätslage bei kleinen und mittleren Unternehmen in den neuen Bundesländern. Seit dem 1.7.2009 war die erhöhte Gesamtumsatzgrenze nicht mehr davon abhängig, ob es sich um einen Unternehmer aus den neuen Bundesländern handelte oder nicht. Mit dieser für alle kleineren Unternehmen in ganz Deutschland gültigen Umsatzgrenze von 500.000 EUR sollten die Folgen aus der 2008 beginnenden Finanzkrise abgefedert werden und wenigstens keine Vorfinanzierung von Umsatzsteuerbeträgen notwendig sein. Zum 1.1.2020 ist die Umsatzgrenze dann an die geänderte Buchführungspflichtgrenze von 600.000 EUR angepasst worden.

 

Rz. 36

Für die Frage, ob ein Unternehmer unter die befristete Erhöhung der Gesamtumsatzgrenze für die neuen Bundesländer fiel, kam es nicht darauf an, wo der Unternehmer seinen Sitz hatte, sondern ob ein FA aus dem Beitrittsgebiet nach § 21 Abs. 1 S. 1 AO für den Unternehmer zuständig war. Damit konnten auch Unternehmensteile in den alten Bundesländern unter die erhöhte Gesamtumsatzgrenze fallen, wenn die Veranlagung zur USt in den neuen Bundesländern erfolgte.

 

Beispiel: Landesgrenzüberschreitende Zuständigkeit eines Finanzamts

Einzelunternehmer E ist mit seinem Unternehmen in Sachsen ansässig. Darüber hinaus ist E auch Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer in Bayern ansässigen GmbH. Zwischen E und der GmbH liegen die Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG vor. Die GmbH erzielt jährlich einen Gesamtumsatz von 300.000 EUR und E einen Gesamtumsatz von 100.000 EUR.

Da es sich um ein einheitliches Unternehmen handelt, für das – über den Organträger und Unternehmer E – ein FA in den neuen Bundesländern (Sachsen) zuständig ist, war auch schon vor dem 1.7.2009 die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten möglich, da der Gesamtumsatz nicht mehr als 500.000 EUR betragen hatte.

 

Rz. 37

In – seltenen – Ausnahmefällen war in Berlin auch die Möglichkeit vorhanden, nach der Verwaltungsreform 2001 ohne einen Sitz in dem bisherigen Gebiet von Berlin-Ost die erhöhte Gesamtumsatzgrenze von 500.00 EUR zu nutzen, da durch die Zusammenlegung der FÄ Berlin-Tiergarten (West) und Berlin-Mitte (Ost) zu dem neuen FA Berlin-Mitte/Tiergarten mit einem Sitz in dem Beitrittsgebiet auch für einen Unternehmer aus dem ehemaligen Berlin (West) plötzlich ein FA in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet zuständig war.

[1] befristet nach § 20 Abs. 2 UStG.
[2] Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) v. 31.8.1990, BGBl II 1990, 885. Art. 3 Einigungsvertrag betraf die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie den Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz bis dahin nicht galt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge