Rz. 28

§ 20 S. 1 UStG führt in den Nrn. 1 bis 4 abschließend die alternativen Möglichkeiten auf, nach denen ein Unternehmer die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten durchführen kann. Die ihn begünstigende Regelung kann jeder in Anspruch nehmen, der die Voraussetzungen nach § 2 UStG als Unternehmer erfüllt. Damit müssen die in § 2 Abs. 1 UStG genannten Voraussetzungen erfüllt werden, der Leistende muss selbstständig, nachhaltig und mit der Absicht, Einnahmen zu erzielen, tätig werden. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sind unter den in § 2 Abs. 3 UStG[1] bzw. § 2b UStG[2] aufgeführten Voraussetzungen Unternehmer i. S. d. Umsatzsteuerrechts (§ 2 UStG Rz. 371ff.).

 

Rz. 29

Die Rechtsform, in der der leistende Unternehmer tätig ist, hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Möglichkeit zur Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten. Die Ausnahmeregelung ist dem Grunde nach für natürliche Personen, Personenzusammenschlüsse und auch juristische Personen des privaten wie auch des öffentlichen Rechts anwendbar, soweit sie als Unternehmer i. S. d. UStG anzusehen sind. Im Zusammenhang mit § 20 S. 1 Nr. 3 UStG (Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs) ergeben sich aber mittelbar Auswirkungen der Rechtsform auf die Zulässigkeit der Anwendung der Regelung, da freiberufliche Tätigkeiten, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ausgeführt werden, zwingend zu buchführungspflichtigen Umsätzen führen (ausführlich Rz. 83ff.[3]). Die seit dem 1.1.2023 in § 20 S. 1 Nr. 4 UStG aufgenommene Regelung ist ausdrücklich an juristische Personen des öffentlichen Rechts adressiert, sodass die Anwendung für andere Unternehmer eindeutig ausgeschlossen ist. Zum Begriff der juristischen Person des öffentlichen Rechts vgl. auch § 2b UStG Rz. 23.

 

Rz. 30

Da § 20 UStG unter den übrigen Voraussetzungen unterschiedslos alle Unternehmer betrifft, kann die Regelung auch im Zusammenhang mit anderen Sonderregelungen des Umsatzsteuerrechts angewendet werden. § 20 UStG kann damit in den folgenden Fällen – nach Gestattung durch das FA – zur Anwendung kommen:

  • Der Unternehmer ist Kleinunternehmer nach § 19 UStG, hat aber auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet. Die Voraussetzung des § 20 S. 1 Nr. 1 UStG liegt in diesen Fällen vor, da für die Kleinunternehmerbesteuerung der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 22.000 EUR[4] betragen darf.
  • Der Unternehmer wendet die Besteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 23a oder § 24 UStG an.
  • Der Unternehmer wendet die Sonderregelung für die Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG an; zur Berechnung des Gesamtumsatzes vgl. in diesen Fällen Rz. 46.
  • Der Unternehmer wendet die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG an; zur Berechnung des Gesamtumsatzes vgl. in diesen Fällen Rz. 46.
 

Rz. 31

Für Nichtunternehmer hat die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten keine Bedeutung. Ist jemand Nichtunternehmer oder als Unternehmer nicht im Rahmen seines Unternehmens tätig, können ihn nur in Ausnahmefällen umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen treffen. Soweit es in solchen Sonderfällen zur Entstehung einer USt kommen sollte, bestehen aber jeweils auch für die Berechnung der Steuer besondere Vorschriften, sodass sich eine Berechnung nach vereinnahmten Entgelten nicht ergeben kann. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn ein Nichtunternehmer in einer Rechnung eine USt gesondert ausweist (unberechtigter Steuerausweis). Der Aussteller der Rechnung schuldet nach § 14c Abs. 2 UStG die gesondert ausgewiesene USt, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG[5] – unabhängig von einem Zahlungsfluss – im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung entsteht.

 

Rz. 32

Die Ausnahmeregelung des § 20 S. 1 UStG zur Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten ist nur in den folgenden – alternativen – Fällen möglich:

  • Wenn der Gesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 600.000 EUR[6] betragen hat, oder
  • wenn der Unternehmer von der Verpflichtung Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen nach § 148 AO befreit ist, oder
  • soweit der Unternehmer Tätigkeiten als Angehöriger eines freien Berufs i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführt oder
  • der Unternehmer ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, soweit nicht freiwillig Bücher geführt und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse gemacht werden oder hierzu eine gesetzliche Pflicht vorliegt.
[1] Bis 31.12.2016 bzw. im Rahmen der Übergangsregelung des § 27 Abs. 22 und Abs. 22a UStG bis max. 31.12.2024.
[2] Frühestens seit dem 1.1.2017, § 27 Abs. 22 und Abs. 22a UStG.
[3] BFH v. 22.7.2010, V R 4/09, BStBl II 2013, 590 sowie die Nichtannahme der dagegen erhobenen Verfassungsbeschwerde, BVerfG v. 20.3.2013, 1 BvR 3063/10, BFH/NV 2013, 1213.
[4] Bis 31.12.2019: 17.500 EUR.
[5] Bis 5.11.2015 gleichlautend nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG.
[6] Bis 31.12.2019: 500.000 EUR.

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