Rz. 344

Wird eine Eingangsleistung so genutzt, dass sich umsatzsteuerrechtlich ein Zuordnungs- oder Aufteilungswahlrecht ergibt, muss dieses Wahlrecht sich auch nachvollziehbar aus den Unterlagen und Aufzeichnungen des Unternehmers ergeben. Ein Wahlrecht ergibt sich für einen Unternehmer aber nur in den Fällen, in denen er einen einheitlichen Gegenstand sowohl für seine unternehmerischen als auch für seine privaten Zwecke zu verwenden beabsichtigt. Dabei kommt dem Vorsteuerabzug ein erhebliches Beweisanzeichen für die Ausübung des Wahlrechts zu. Die Würdigung dieser Beweisanzeichen wird – im Gegensatz zur früheren Auffassung in Abschn. 192 Abs. 18 UStR 2000 – nicht mehr so vorgenommen, dass im Zweifelsfall von einer Zuordnung zum Unternehmen ausgegangen wird: Ergeben sich aus den Aufzeichnungen oder den anderen Beweisanzeichen keine Hinweise darauf, dass der Unternehmer den Gegenstand seinem Unternehmen zugeordnet hat, kann eine Zuordnung zum Unternehmen nicht mehr unterstellt werden.[1]

 

Rz. 345

Ist die Zuordnungsentscheidung nicht aus einem Vorsteuerabzug ableitbar, können sich die Beweisanzeichen aus dem Auftreten des Unternehmers bei An- oder Verkauf von Gegenständen, von der Art der Versicherung oder der ertragsteuerlichen Zuordnung eines Gegenstands ergeben. Gibt es keine Beweisanzeichen für die Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen, kann diese Zuordnung nicht unterstellt werden. Bei Grundstücken soll der Unternehmer nach immer noch von der FinVerw vertretener Auffassung die Zuordnung – soweit ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist – dem FA schriftlich bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung des Jahres, in dem die jeweilige Leistung bezogen wurde, erklären (Abschn. 15.2c Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c UStAE). Diese Rechtsfolge ist insbesondere vor dem Hintergrund der zum 1.1.2011 eingefügten Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts bei gemischt genutzten Gebäuden nach § 15 Abs. 1b UStG von Bedeutung.

 

Rz. 346

Der Unternehmer entscheidet selbst, ob die Leistung "für sein Unternehmen" oder für den – bei jedem Unternehmer auch vorhandenen – nichtunternehmerischen Bereich ausgeführt worden ist. Er ordnet die von ihm bezogene Leistung seiner unternehmerischen oder seiner nichtunternehmerischen Tätigkeit zu, d. h., er trifft die sog. Zuordnungsentscheidung über den Leistungsbezug. Diese Zuordnungsentscheidung ist für den Vorsteuerabzug grundsätzlich maßgeblich und eine materielle Voraussetzung dafür.[2] Das FA kann die Zuordnungsentscheidung nicht für den Unternehmer treffen, muss sie aber auf ihre Berechtigung überprüfen. Wird jedoch eine bezogene Leistung ausschließlich für unternehmerische oder nichtunternehmerische Zwecke (auch für die nach § 3 Abs. 1b oder Abs. 9a UStG zu besteuernden Ausgangsleistungen) verwendet, besteht kein Zuordnungswahlrecht.

 

Rz. 347

Die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers ist zeitnah zum Leistungsbezug auszuüben und zu dokumentieren, bei der Dokumentation handelt sich aber – anders als bei der Entscheidung als solche – nur um eine formelle Voraussetzung[3] für den Vorsteuerabzug. Eine nachträgliche Zuordnung einer bezogenen Leistung zum Unternehmen kann nicht anerkannt werden. Wenn die Leistung erst einmal der nichtunternehmerischen Sphäre zugeordnet worden ist, kann sie nur noch durch eine, den Vorsteuerabzug ausschließende Einlage dem Unternehmen zugeordnet werden (Rz. 362). Insbesondere vor dem Hintergrund der geänderten Rechtsprechung des EuGH zur Abzugsfähigkeit der Vorsteuer bei einem unternehmerisch als auch privat genutzten Gebäude (Rz. 359ff.) hatte sich die Frage ergeben, wie die Zuordnungsentscheidung zu dokumentieren ist. Während das FG München[4] mangels einer anderweitigen Mitteilung des Steuerpflichtigen an sein FA von einer vollen Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmen auch dann ausgegangen war, wenn der Vorsteuerabzug aus dem nichtunternehmerisch genutzten Teil erst mehrere Jahre nach erstmaliger Verwendung geltend gemacht wird, hat das FG Niedersachsen[5] schon für die vollständige Zuordnung zum Unternehmen eine eindeutige Zuordnungsentscheidung spätestens zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs gefordert. Dies setze – nach Auffassung des FG Niedersachsen – eine aktive und nachvollziehbare Willenserklärung des Unternehmers voraus.

 

Rz. 348

Nach der weiteren Rechtsprechung des FG Niedersachsen[6] hatte die Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen in der erstmöglichen Steuererklärung zu erfolgen. Beweisanzeichen für die Zuordnungsentscheidung ist dabei die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs. Aber auch nach Auffassung des FG Niedersachsen lag zu dieser Frage keine eindeutige Aussage des BFH vor. Es verweist ausdrücklich auf das Urteil des XI. Senats des BFH,[7] der unter Bezugnahme auf ein Urteil des V. Senats des BFH[8] zwar entschieden hat, dass aus dem Grundsatz des Sofortabzugs folgend die Zuordnungsentscheidung bereits bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen sei und die Entscheidung über die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermöge...

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