Rz. 276

Die Unternehmereigenschaft beginnt nicht erst mit der Erbringung von Ausgangsleistungen, sondern schon mit den Vorbereitungshandlungen, die in direktem Zusammenhang mit einer geplanten unternehmerischen Betätigung stehen. Solche Vorbereitungshandlungen liegen ab dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden des Unternehmers vor. Unerheblich für den Beginn der Unternehmereigenschaft ist, ob später tatsächlich Umsätze getätigt werden können. Auch wenn keine Umsätze am Markt erzielt werden können, ist die Unternehmereigenschaft nicht rückwirkend abzuerkennen, wenn der Unternehmer die Ernsthaftigkeit der Umsatzerzielungsabsicht nachweisen kann (Rz. 300f.). Das gilt auch in den Fällen, in denen bei der ersten Steuerfestsetzung schon bekannt ist, dass die geplante unternehmerische Betätigung nicht ausgeübt wird.[1]

 

Rz. 277

Maßnahmen, die als Vorbereitungshandlungen anzusehen sein können, sind insbesondere[2]:

  • der Erwerb umfangreichen Inventars (z. B. Maschinen oder Fuhrpark),
  • der Wareneinkauf vor Betriebseröffnung,
  • die Anmietung oder die Errichtung von Büro- oder Lagerräumen,
  • der Erwerb eines Grundstücks,
  • die Anforderung einer Rentabilitätsstudie,
  • die Beauftragung eines Architekten,
  • die Durchführung einer größeren Anzeigenaktion,
  • die Abgabe eines Angebots für eine Lieferung oder eine sonstige Leistung gegen Entgelt.
 

Rz. 278

Grundsätzlich kommt es aber immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse an, ab wann solche Handlungen als Vorbereitungshandlungen anzusehen sein können. So muss es insbesondere auch von Bedeutung sein, in welcher Branche der Unternehmer tätig werden will. Bei einem Einzelhändler ist ein anderer Zeitraum der Vorbereitungshandlungen zu unterstellen als dies z. B. bei einem forschenden Unternehmen der Fall sein wird. Immer muss jedoch ein konkreter sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit der späteren Betätigung herzustellen sein.

 

Rz. 279

Ein Studium ist grundsätzlich noch nicht als eine Vorbereitungshandlung für eine unternehmerische Tätigkeit anzusehen, da nach Abschluss des Studiums die Entscheidung, ob eine selbstständige unternehmerische Betätigung aufgenommen werden soll, in aller Regel noch von anderen Einflussgrößen abhängig ist. Anders allerdings, wenn eine schon bestehende unternehmerische Betätigung nach einem Studium an einer Fachhochschule während eines Ergänzungsstudiums an einer ordentlichen Hochschule teilweise ruht.[3]

 

Rz. 280

Auch eine direkt auf einen Beruf ausgerichtete Berufsausbildung stellt noch keine Vorbereitungshandlung für eine spätere unternehmerische Betätigung dar.[4]

 

Rz. 281

Bei einer Personengesellschaft gelten grundsätzlich dieselben Grundsätze wie bei einer natürlichen Person. Erst mit dem ersten, nach außen erkennbaren Inerscheinungtreten kann die Personengesellschaft im Rahmen von Vorbereitungshandlungen unternehmerisch tätig werden. Vom Abschluss des Gesellschaftsvertrags bis zu den ersten nach außen gerichteten Vorbereitungshandlungen ist die Gesellschaft eine umsatzsteuerlich unbeachtliche Innengesellschaft. Problematisch ist deshalb die Vorsteuerabzugsberechtigung aus den Gründungskosten (Erwerb von Gegenständen, Beratung zum Gesellschaftsvertrag, Notarkosten der Beurkundung eines Gesellschaftsvertrags). Hier war früher die Auffassung vertreten worden, dass sich in Ermangelung der Unternehmereigenschaft, und da es sich noch nicht um eine Vorbereitungshandlung für die auszuführenden Leistungen handelt, eine Vorsteuerabzugsberechtigung für diese Aufwendungen nicht ergeben könne. Ein Vorsteuerabzug schied aber bisher in jedem Fall aus, wenn die Gründungsleistungen an die einzelnen Gesellschafter erbracht und auch die Rechnungen an die Gesellschafter als solche ausgestellt wurden. In diesen Fällen konnte nicht die Gesellschaft, sondern nur der Gesellschafter der Empfänger der Leistungen sein.[5] Nach der Rechtsprechung des EuGH kann dies so absolut nicht mehr aufrechterhalten werden.

 

Rz. 281a

Der EuGH[6] hat in einem polnischen Sachverhalt aus Gründen der Neutralität des Umsatzsteuerrechts einer Personengemeinschaft im Ergebnis den Vorsteuerabzug bei Gründung der Gesellschaft gewährt. In dem Sachverhalt schlossen sich mehrere Personen zusammen, um einen Steinbruch zu erwerben. Danach nahmen sie Beratungsleistungen zur Gründung einer Personengesellschaft in Anspruch. Der Steinbruch wurde nach Gründung der Personengesellschaft Vermögen dieser Gesellschaft. Da nach polnischem Recht die Personengesellschaft erst mit Eintragung im Handelsregister entsteht und die Einlage des Steinbruchs in die Gesellschaft national ein dem Grunde nach steuerfreier Umsatz ist, wurde der Vorsteuerabzug sowohl aus dem Erwerb des Steinbruchs als auch aus den Beratungskosten versagt. Der EuGH sah darin einen Verstoß gegen das Unionsrecht, wenn nach nationalen Vorschriften weder die Gesellschafter einer Gesellschaft noch die Gesellschaft selbst ein Recht auf Vorsteuerabzug für Investitionskosten geltend machen dürfen, die vor Gründung und Eintrag...

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