Rz. 166

Die Erzeugung regenerativer Energien ist in den letzten Jahren zunehmend in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. In Ermangelung ausdrücklicher umsatzsteuerrechtlicher Regelungen mussten sich die Rechtsprechung und die FinVerw bezüglich der Unternehmereigenschaft und der sich daraus ergebenden Leistungsbezüge intensiv mit diesen Fragen auseinandersetzen. Auch ansonsten nicht weiter unternehmerisch tätige Personen können durch den Betrieb von Anlagen zur Energieerzeugung Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG erlangen. Nach Abschn. 2.5 UStAE ist ein Betreiber einer unter die Regelungen des EEG[1] oder des KWKG[2] fallenden Anlage zur Stromgewinnung Unternehmer, sobald der erzeugte Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, da diese Anlage dann ausschließlich der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung dient.[3] Mit dieser Tätigkeit wird die Unternehmereigenschaft begründet – unabhängig von der Höhe der erzielten Einnahmen oder der Leistungsauslegung der Anlage. Ist der Betreiber der Anlage schon aus anderen Gründen unternehmerisch tätig, wird der Rahmen des Unternehmens entsprechend erweitert.

 

Rz. 167

Voraussetzung ist allerdings, dass die Anlage unmittelbar oder mittelbar mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden ist und eine physische Einspeisungsmöglichkeit besteht. Nicht möglich ist eine Einspeisung z. B. bei unterschiedlichen Netzspannungen, dann liegt auch kein Leistungsaustausch zwischen dem Betreiber der Anlage und dem allgemeinen Stromnetz vor.

 

Rz. 168

Die erfolgten Novellierungen des EEG führen zu keinen Änderungen in Bezug auf die Unternehmereigenschaft im Zusammenhang mit der Erzeugung von erneuerbarer Energie. Die Regelungen der jeweils geltenden Fassung des EEG haben aber entscheidenden Einfluss auf die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Umsätze und den Vorsteuerabzug des Betreibers der Photovoltaikanlage. Während bis 31.12.2008 nur der tatsächlich eingespeiste Strom vergütet wurde und der vom Erzeuger dezentral verbrauchte Strom nicht durch das EEG begünstigt war, ergab sich durch die Veränderungen des EEG für die in der Zeit v. 1.1.2009 bis 31.3.2012 ans Netz angeschlossenen Anlagen auch eine Vergütung des dezentral (z. B. für private Zwecke) verbrauchten Stroms. In diesem Modell wurde im Rahmen der sog. "kaufmännisch-bilanziellen" Einspeisung von einer vollständigen Lieferung des erzeugten Stroms an den Netzbetreiber und einem Rückkauf (Rücklieferung) des dezentral verbrauchten Stroms ausgegangen. Für die Anlagen, die seit dem 1.4.2012 an das Netz gegangen sind, ergibt sich nunmehr wieder nur eine Vergütung des tatsächlich in das Netz eingespeisten Stroms. Für die nach dem 29.7.2022 in Betrieb genommenen Fotovoltaikanlagen ist unter den Bedingungen des § 48 Abs. 2a S. 2 EEG 2023 unter bestimmten Frist- und Formbedingungen eine Volleinspeisevergütung möglich.

 

Rz. 168a

Umsatzsteuerrechtlich werden sich in der Praxis – ohne dass die eigentliche Frage der Unternehmereigenschaft als solche berührt wird – auch Änderungen für die ab dem 1.1.2023 gelieferten bzw. abgenommenen Fotovoltaikanlagen und den Speichermedien dazu ergeben. Nach § 12 Abs. 3 UStG gilt für diese Anlagen bei Lieferung oder sonstiger Leistung gegenüber dem Betreiber der Anlage ab dem 1.1.2023 ein neuer 0 %-Steuersatz. Voraussetzung ist, dass die Fotovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Dazu gibt es eine Vermutungsregelung, wenn die installierte Bruttoleistung der Anlage nach dem Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWh (peak) beträgt oder betragen wird. Ziel der Gesetzgebung ist es, dass der Anlagenbetreiber, der nach den bisherigen Regelungen regelmäßig auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung nach § 19 UStG verzichtet hatte, um aus der Anschaffung der Anlage zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, zukünftig die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch nimmt. Zumindest soweit der Anlagenbetreiber nicht noch anderweitig im Rahmen seines einheitlichen Unternehmens unternehmerisch tätig ist, wird er mit einer Anlage von bis zu 30 kWh nicht die derzeit geltende Gesamtumsatzgrenze von 22.000 EUR für die Kleinunternehmerbesteuerung überschreiten, sodass regelmäßig der Verzicht auf die Kleinunternehmerbesteuerung in solchen Fällen nicht mehr sinnvoll sein wird. Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG liegt aber auch in diesen Fällen vor, auch wenn die Kleinunternehmereigenschaft in Anspruch genommen wird. Für die Fotovoltaikanlagen, die bis zum 31.12.2022 geliefert und abgenommen worden sind, wird sich aber auch über den 1.1.2023 hinaus die Regelbesteuerung – zumindest bis zum Ablauf des jeweils maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraums nach § 15a UStG – ergeben, da ansonsten bei Übergang zur Kleinunternehmerbesteuerung eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen wäre.

 

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