Rz. 129

Wird vom Inhaber (Anschlusskunde) einer Forderung diese Forderung mit Übernahme des tatsächlichen Einzugs und ggf. auch des Ausfallrisikos an ein Factoring-Institut übertragen, liegt in der Abtretung der Forderung an den Factor keine Leistung des Anschlusskunden an den Factor vor[1], sondern es ergibt sich ausschließlich eine Leistung des Factors an den Anschlusskunden, die wirtschaftlich in dem Forderungseinzug besteht. Damit wird der Factor mit Ausführung dieser Leistung unternehmerisch tätig – die Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG wird damit begründet. Die Leistung ist eine steuerbare Leistung[2] und unterliegt keiner Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG. Eine eventuell mit der Factoringleistung einhergehende Kreditgewährung des Factors an den Anschlusskunden ist regelmäßig von untergeordneter Bedeutung und teilt daher als unselbstständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung. Die Bemessungsgrundlage für die Leistung des Forderungskäufers ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Nennwert der abgetretenen Forderung und dem Betrag, den der Factor dem Kunden für die Abtretung der Forderung bezahlt. Wird für diese Leistung zusätzlich oder ausschließlich eine Gebühr gesondert vereinbart, gehört diese zur Bemessungsgrundlage. Aus diesem Betrag ist die USt mit dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG herauszurechnen. Der Verkäufer der Forderung kann unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG den Vorsteuerabzug aus der Leistung des Käufers der Forderung in Anspruch nehmen, soweit die verkaufte Forderung durch einen Umsatz des Verkäufers der Forderung begründet wurde, der bei diesem den Vorsteuerabzug nicht ausschließt.

 

Beispiel: Forderungskauf mit Übernahme des Zahlungseinzugs

Unternehmer A verkauft eine Forderung mit einem Nennwert i. H. v. 10.000 EUR an das Factoringunternehmen F. F zahlt für die Forderung, deren Einzug er übernimmt, insgesamt 8.000 EUR.

Das Entgelt für die Dienstleistung des F gegenüber A beträgt (brutto) 2.000 EUR (Differenz zwischen Nennwert der Forderung und Auszahlungsbetrag). Aus den 2.000 EUR ist die USt mit dem Regelsteuersatz herauszurechnen, sodass die Bemessungsgrundlage bei einem Regelsteuersatz von 19 % 1.680,67 EUR und die geschuldete USt 319,33 EUR beträgt.

Forderungskauf mit Übernahme des Forderungseinzugs

 

Rz. 130

Nachdem der EuGH im Jahr 2003 die Grundsatzentscheidung zum Factoring gefällt hatte, wurden diese Grundsätze auch auf den Erwerb zahlungsgestörter Forderungen übertragen. Die FinVerw[3] ging davon aus, dass eine fällige Forderung (bestehend aus Rückzahlungs- und Zinsanspruch) insgesamt zahlungsgestört ist, wenn sie ganz oder zu einem nicht nur geringfügigen Teil seit mehr als sechs Monaten nicht ausgeglichen wurde. Eine Kreditforderung sollte auch dann zahlungsgestört sein, wenn die Voraussetzungen für die Kündigung des ihr zugrunde liegenden Kreditvertrags durch den Gläubiger vorlagen. Gleiches galt nach erfolgter Kündigung für den Anspruch auf Rückzahlung. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen war vom Forderungskäufer nachzuweisen. Lagen diese Voraussetzungen nicht vor, hatte der Factor im Einzelnen nachzuweisen, dass er eine zahlungsgestörte Forderung erworben hatte, deren tatsächlicher Wert nicht dem Nennwert entsprach. Da sich das – vom EuGH geforderte – Entgelt für die Dienstleistung des Factors in einem solchen Fall nur schwer ermitteln ließ, stellte die FinVerw[4] Vermutungen auf, nach denen sich die Bemessungsgrundlage ableiten lassen sollte:

  • Bemessungsgrundlage für die Leistung des Factors beim Kauf solcher zahlungsgestörter Forderungen sollte die Differenz zwischen dem im Abtretungszeitpunkt nach Ansicht der Parteien voraussichtlich realisierbaren Teil der dem Factor abzutretenden Forderungen (wirtschaftlicher Nennwert) und dem Betrag, den der Factor seinem Anschlusskunden als Preis für diese Forderungen zahlt, abzüglich der in dem Differenzbetrag enthaltenen USt sein. Der wirtschaftliche Nennwert sollte regelmäßig dem Wert entsprechen, den die Beteiligten der Forderung tatsächlich beimaßen, einschließlich der Vergütung für den Einzug der Forderung und der Delkrederegebühr oder vergleichbarer Zahlungen, die der Factor für das Risiko des Forderungsausfalls erhielt und die als Gegenleistung für eine Leistung des Factors anzusehen waren.
  • Berücksichtigte die vertragliche Vereinbarung einen für die Beteiligten erkennbaren und offen ausgewiesenen kalkulatorischen Teilbetrag für tatsächlich eintretende oder von den Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erwartete Forderungsausfälle, konnte dieser bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage entsprechend in Abzug gebracht werden, da der Wesensgehalt dieser Leistung insoweit nicht im Factoring bestand.
  • Wurde der Anschlusskunde an dem vom Factor gegenüber dem zunächst vereinbarten wirtschaftlichen Nennwert erzielten Mehr- oder Mindererlös beteiligt, entsprach die Leistung des Factors von ihrem wirtschaftlichen Gehalt einer Inkassoleistung; der Berechnung der geänderten Bemessungsgrun...

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