Rz. 89

Nach Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL ist jemand Steuerpflichtiger, wenn er – neben weiteren Voraussetzungen – eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Hierunter fallen:

  • Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden,
  • einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe, sowie
  • insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.
 

Rz. 90

Die Frage der wirtschaftlichen Tätigkeit hatte auch schon früh den BFH beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Führung von mehreren Spar- und Girokonten sowie der Verwaltung von festverzinslichen Wertpapieren hatte er festgestellt, dass hier eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht vorliegen kann.[1] In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass "die gegenteilige Auffassung zu einer nicht vertretbaren Ausdehnung des ohnedies schon weit gespannten Unternehmerbegriffs führen würde, mit der unsinnigen Folge, dass im Anwendungsbereich des UStG die Unternehmereigenschaft praktisch jedermann zugesprochen werden müsste. Das aber kann dem Willen des Gesetzgebers nicht entsprechen." Ob dieses zutreffende Ergebnis letztendlich am Kriterium der wirtschaftlichen Tätigkeit festgemacht werden muss, kann dahingestellt bleiben.

 

Rz. 91

Der EuGH hat entsprechend das Halten von Beteiligungen an Gesellschaften[2] sowie die Vermögensverwaltung für eigene Rechnung[3] nicht als eine wirtschaftliche Tätigkeit angesehen; vgl. zur Unternehmereigenschaft der Holdinggesellschaft und zur Organschaft auch Rz. 118. Die FinVerw hatte mit Schreiben v. 26.1.2007 grundsätzlich zu der unternehmerischen Betätigung im Zusammenhang mit dem Halten von Beteiligungen Stellung genommen.[4] Soweit nicht das Halten der Beteiligung der eigentliche Zweck des Unternehmens ist (Rz. 118ff.), kann die Beteiligung grundsätzlich nicht dem Unternehmen zugeordnet werden.

 

Rz. 92

Strittig war auch, ob die Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen Zahlung einer Bareinlage eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Unionsrechts darstellt. Der EuGH hat zu dieser Fragestellung entschieden, dass eine solche Handlung keine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie[5] und somit keine Dienstleistung der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern darstellt.[6] Damit konnte die Aufnahme von Gesellschaftern in eine Personengesellschaft nicht als steuerbare Tätigkeit und damit auch nicht als steuerfreie – unter § 4 Nr. 8 UStG fallende – Tätigkeit angesehen werden, die dann im Ergebnis den Vorsteuerabzug aus damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen ausgeschlossen hätte. Damit haben Personengesellschaften und insbesondere Publikumsfonds aus allen Eingangsleistungen, die im Zusammenhang mit der Platzierung des Fondskapitals stehen, den vollen Vorsteuerabzug, soweit die wirtschaftliche Tätigkeit des Fonds keine steuerfreien, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze darstellen.[7]

 

Rz. 92a

Die Rechtsfolgen der Nichtsteuerbarkeit der Ausgabe der Anteile an der Personengesellschaft ergeben sich nicht nur, wenn die Gesellschaftsanteile gegen Bareinlage ausgegeben werden, sondern auch in den Fällen der Ausgabe von Anteilen gegen Sacheinlage. Davon zu trennen sind jedoch die Leistungen, die der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft durch die Sacheinlage ausführt. Dabei können sich jeweils in Abhängigkeit der Stellung des Gesellschafters für ihn verschiedene Rechtsfolgen ergeben:

  • Der Gesellschafter wendet als Gegenleistung für die Anteile an der Gesellschaft einen Gegenstand auf, der nicht als Unternehmensvermögen erfasst ist: Die Leistung des Gesellschafters ist nicht steuerbar.
  • Der Gesellschafter bringt als Sacheinlage in die Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten sein ganzes Unternehmen oder einen abgrenzbaren Teilbetrieb ein: Die Leistung des Gesellschafters ist eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG.
  • Der Gesellschafter bringt als Sacheinlage in die Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten einzelne Wirtschaftsgüter oder Rechte ein, die bisher in seinem Unternehmensvermögen erfasst waren: Es handelt sich aus Sicht des Gesellschafters um entgeltliche Leistungen, die unter Berücksichtigung der weiteren Voraussetzungen zu steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen führen.

Die Ausführung einer entgeltlichen Leistung durch den Gesellschafter gegenüber seiner Gesellschaft setzt aber voraus, dass der Gesellschafter für seine Leistung Gesellschaftsrechte (als Gegenleistung) erhält. Überlässt ein Gesellschafter einer schon bestehenden Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, unentgeltlich einen Gegenstand, den er bisher in seinem (aufgelösten) Einzelunternehmen verwendet hat, ergibt sich in seinem Einzelunternehmen eine steuerbare Entnahme nach § 3 Abs. 1b UStG.[8] Die unentgeltliche Überlassung gegenüber "seiner" Personengesellschaft alleine begründet keine unternehmerische Betätigun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge