Rz. 24

Ein Landfahrzeug i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn die folgenden Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind:

  1. Es muss sich um ein motorbetriebenes Fahrzeug handeln.

    Das Fahrzeug muss durch einen Motor (z. B. Ottomotor, Dieselmotor, Elektromotor) angetrieben werden. Hierzu gehören auch sog. Hybridfahrzeuge mit sowohl einem Elektromotor als auch einem Verbrennungsmotor. Dagegen gehören z. B. Fahrräder und Anhänger ohne eigenen Antrieb (auch Campinganhänger) nicht zu den Fahrzeugen i. S. d. § 1b Abs. 2 UStG. Bei Amphibienfahrzeugen, die mit einem Motor sowohl für den Antrieb der Räder als auch für den Antrieb einer Schiffsschraube ausgestattet sind, dürfte der Schwerpunkt des Gebrauchs auf der motorisierten Fahrt auf dem Land liegen, sodass diese Fahrzeuge als motorbetriebene Landfahrzeuge einzustufen sind (Rz. 30).

  2. Der Motor muss

    • entweder einen Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern (cm3) oder
    • eine Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt – Kw – (entspricht knapp 10 PS) abgeben.

    Hinsichtlich Hubraum und Leistung des Motors handelt es sich bereits um ein Fahrzeug i. S. d. § 1b UStG, wenn nur eines der beiden Merkmale erfüllt ist. Beispielsweise erfüllt ein Moped die Kriterien für ein Fahrzeug i. S. d. § 1b UStG, wenn sein Motor zwar weniger als 7,2 Kilowatt leistet, jedoch einen Hubraum von 49 cm3 aufweist. Fahrräder mit Unterstützung eines Elektromotors (Pedelecs, E-Bikes) erreichen regelmäßig keine Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt und scheiden damit als Fahrzeug i. S. d. § 1b UStG aus. Motorgetriebene Schienenfahrzeuge sind jedoch Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG (Umkehrschluss aus § 1 Abs. 2 StraßenverkehrsgesetzStVG).

 

Rz. 25

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 1b UStG ist der Verwendungszweck des Fahrzeugs eigentlich kein Abgrenzungskriterium. Deshalb gehören neben den Fahrzeugen für die Personenbeförderung auch Fahrzeuge für die Güterbeförderung zu den Fahrzeugen i. S. d. § 1b UStG.[1] Auch Fahrzeuge, die straßenverkehrsrechtlich nicht zugelassen werden brauchen, können Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG sein.[2]

 

Rz. 26

Die einschränkende Bestimmung in Art. 28a Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie[3], dass sich die Sonderregelung nur auf solche Fahrzeuge beziehe, die der Personen- oder Güterbeförderung dienten, ist nicht in den Gesetzeswortlaut des § 1b UStG übernommen worden.[4] Diese Bestimmung des Unionsrechts ist allerdings im Verwaltungswege[5] eingeführt und durch die BFH-Rechtsprechung[6] bestätigt worden.

 

Rz. 27

Allerdings hatte die Verwaltung früher die Auffassung vertreten, dass für motorbetriebene Landfahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG stets eine Bestimmung der Fahrzeuge zur Personen- und Güterbeförderung vorliegen müsse. Die Verwaltung hatte deshalb landwirtschaftliche Zugmaschinen nicht als Fahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG angesehen[7], weil diese nicht in erster Linie zur Personen- und Güterbeförderung bestimmt seien. Dieser Auffassung ist der BFH jedoch nicht gefolgt. Er hatte darüber zu entscheiden, ob sog. Pocket-Bikes als Fahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG anzusehen seien. Pocket-Bikes sind kleine Zweiräder, die bis 24 kg schwer sein können und die Maße 110 cm * 50 cm * 50 cm nicht überschreiten. Die Sitzhöhe liegt etwa bei 40 bis 50 cm. Die Motorisierung besteht aus einem Einzylinder-Zweitaktmotor, der zwischen 1,6 und 16 PS stark sein kann. Die Höchstgeschwindigkeiten liegen teilweise über 70 km/h. Optisch lehnen sich die Pocket-Bikes i. d. R. an existierende Motorräder an. Pocket-Bikes sind nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen, weil sie die Anforderungen der Straßenverkehrszulassungsordnung nicht erfüllen. Entgegen der Vorentscheidung des FG Berlin-Brandenburg[8] hat der BFH Pocket-Bikes als Fahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG angesehen. Danach sind Pocket-Bikes – wie von § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG bei richtlinienkonformer Auslegung vorausgesetzt – zur Personenbeförderung bestimmt. Als unerheblich sieht es der BFH an, dass bei Nutzung der Fahrzeuge der sportliche Zweck im Vordergrund steht. Für den BFH kommt es für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Fahrzeugen nicht auf das Motiv und den wirtschaftlichen Sinn ihres Einsatzes an, sondern auf ihre tatsächliche Nutzungsmöglichkeit. Dass die Pocket-Bikes für Erwachsene unbequem sind, spricht nach der Auffassung des BFH nicht gegen ihre Bestimmung zur Ortsveränderung.[9]

 

Rz. 28

Die Verwaltung ist der BFH-Rechtsprechung gefolgt und hat Abschn. 1b.1 S. 3 UStAE ohne Übergangsregelung geändert[10], sodass die Grundsätze der Neuregelung in allen offenen Fällen anzuwenden sind. Danach gehören nunmehr nach der Verwaltungsauffassung insbesondere folgende Fahrzeuge zu den motorbetriebenen Landfahrzeugen i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG:

Personenkraftwagen (Pkw), Lastkraftwagen (Lkw), Motorräder, Motorroller, Mopeds, sog. Pocket-Bikes, motorbetriebene Wohnmobile und Caravans sowie landwirtschaftliche Zugmaschinen.

Neben Traktoren als landwirtschaftlichen Zugmaschinen dürften aufgrund der vom BFH aufgestell...

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