Rz. 26

Gemäß § 19 Abs. 1 UStG wird die für Umsätze i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete USt nicht erhoben, wenn der Gesamtumsatz des Vorjahrs 22.000 EUR[1] nicht überschritten hat und im laufenden Kj. 50.000 EUR voraussichtlich nicht überschreiten wird. Die Grenze von 50.000 EUR gilt seit dem 1.1.2003 (s. Rz. 24). Sie blieb bei der Anhebung der Vorjahresumsatzgrenze auf 22.000 EUR zum 1.1.2020 unverändert.

 

Rz. 27

Bei den Umsätzen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG handelt es sich um die entgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen im Inland. Dazu gehören auch die den entgeltlichen Lieferungen gem. § 3 Abs. 1b UStG gleichgestellten unentgeltlichen Lieferungen und die gem. § 3 Abs. 9a UStG den entgeltlichen sonstigen Leistungen gleichgestellten unentgeltlichen sonstigen Leistungen.[2]

 

Rz. 28

Da bei den Umsätzen gem. § 3 Abs. 1b und § 3 Abs. 9a UStG Voraussetzung ist, dass die entnommenen oder verwendeten Gegenstände zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, ist die Steuerbarkeit derartiger unentgeltlicher Wertabgaben bei unter § 19 Abs. 1 UStG fallenden Unternehmern praktisch ausgeschlossen. Zustimmend zu dieser Auffassung FG Berlin-Brandenburg v. 15.2.2011.[3] Insofern betrifft die über § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG normierte Einbeziehung der unentgeltlichen Wertabgaben nur die unentgeltlichen Dienstleistungen gem. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, deren Steuerbarkeit nicht davon abhängt, dass ein vorheriger Vorsteuerabzug gegeben war.

 

Rz. 29

Wegen des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs gem. § 19 Abs. 1 UStG spielt die Zuordnungsproblematik von Bezügen für das Unternehmen hinsichtlich des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 1 UStG keine Rolle. Aber ob ein Umsatz überhaupt im Rahmen des Unternehmens des Kleinunternehmers stattfindet, hängt ggf. durchaus davon ab, ob ein Vorbezug, mittels dessen die unter § 19 Abs. 1 UStG fallenden Umsätze bewirkt werden, vorher dem Unternehmen zugeordnet wurde. Weil die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs als das übliche Indiz gem. § 19 Abs. 1 UStG hierfür ausscheidet, wird man, ähnlich wie bei Unternehmern mit ausschließlich den Vorsteuerabzug ausschließenden steuerfreien Umsätzen, häufig auf die ertragsteuerliche Behandlung der Vorleistungen zurückgreifen, um herauszufinden, ob sie dem Unternehmen zugeordnet wurden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Geltendmachung des Betriebsausgabenabzugs nicht zwingend die umsatzsteuerliche Zuordnung zum Unternehmen bedeutet.[4] Auch der Kleinunternehmer hat die freie Wahl, ob er einen ertragsteuerlich als notwendiges Betriebsvermögen zu behandelnden Gegenstand seinem Unternehmen zuordnet oder nicht.

 

Rz. 30

§ 19 Abs. 1 UStG spricht nur davon, dass die für bestimmte Umsätze geschuldete Steuer nicht erhoben wird; wer Schuldner dieser USt ist, wird nicht ausdrücklich gesagt. Selbstverständlich kann Schuldner von USt für Umsätze i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur ein Unternehmer sein; § 14c Abs. 2 UStG zum unerlaubten Ausweis von USt, der auch für Nichtunternehmer gilt, ist in § 19 Abs. 1 S. 3 UStG ausgenommen. § 19 Abs. 2 und 3 UStG sprechen auch immer vom Unternehmer. Der Begriff des Unternehmers richtet sich in § 19 UStG somit nach den allgemeinen Kriterien des § 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 UStG; § 19 UStG liegt kein hiervon abweichender Unternehmerbegriff zugrunde. Für die Unternehmereigenschaft gibt es keine Mindesthöhe der Einnahmen.[5] Es kann sich allenfalls die Frage stellen, ob mangels Kostendeckung durch die erzielten Entgelte überhaupt eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. v. Art. 11 MwStSystRL vorliegt.[6] Der in der Überschrift des § 19 UStG gebrauchte Begriff "Kleinunternehmer" bezieht sich also nicht auf die Unternehmereigenschaft, sondern nur auf die geringe Umsatzhöhe einer bestimmten Unternehmergruppe. Bei Nichterreichen der Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG kann damit jeder Unternehmer unter diese Vorschrift fallen. Allerdings muss er im Inland[7] oder in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten ansässig sein.

 

Rz. 31

Bei inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts hat § 19 Abs. 1 UStG nach bisheriger Praxis der Verwaltung, die gem. § 27 Abs. 22 UStG bis Ende des Jahres 2022[8] bei entsprechender Option der j.P.ö.R. fortzusetzen ist[9], kaum Bedeutung, weil die Unternehmereigenschaft gem. § 2 Abs. 3 S. 1 UStG i. d. F. bis Ende 2015 nur im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erworben werden kann; die Jahresumsatzgrenze für die Annahme eines Betriebs gewerblicher Art beträgt aber i. d. R. mindestens 35.000 EUR.[10] Der BFH hat sich in einer Vielzahl von Urteilen freilich von der Voraussetzung des körperschaftsteuerlich definierten Betriebs gewerblicher Art in § 2 Abs. 3 UStG unter Hinweis auf die EU-Vorgaben verabschiedet.[11] Die j.P.ö.R. können sich auf die Vorgaben des Art. 13 MwStSystRL berufen, wenn dies für sie günstig ist wegen des Zugangs zum Vorsteuerabzug. Das bedeutet, dass die bisher steuerlich irrelevante Vermögensverwaltung durch eine KöR umsatzsteuerliche Bedeutung erlangt hat. Die für die KSt aufgestellt...

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