Rz. 179

Allgemein ist zunächst festzuhalten, dass es bei dem innergemeinschaftlichen Informationsaustausch und generell bei der Zusammenarbeit der Finanzbehörden um eine besondere Ausprägung der Amtshilfe für die Zwecke der grenzüberschreitenden Umsatzbesteuerung geht. Diese "Amtshilfe" kann zwar grundsätzlich auch in Strafverfahren in Anspruch genommen werden, dabei stehen aber immer nur die rechtlichen Mittel des Verwaltungsverfahrens zur Verfügung. So bedarf es z. B. für die Vornahme von Durchsuchungs- oder Beschlagnahmemaßnahmen in anderen Mitgliedstaaten grds. der Inanspruchnahme von Rechtshilfe auf dem Justizweg. Die unionsrechtlichen Grundlagen der verwaltungsrechtlichen Zusammenarbeit der Finanzbehörden der Mitgliedstaaten im Wege der Amtshilfe war in den letzten Jahren vielfachen Veränderungen unterworfen. Der Informationsaustausch richtete sich zunächst seit dem 1.1.2004 nach der Zusammenarbeitsverordnung v. 7.10.2003; diese Verordnung wurde nachfolgend mehrfach geändert. Die Europäische Kommission hatte dann im Jahr 2009 einen Vorschlag für eine neue Verordnung vorgelegt[1], der am 7.10.2010 mit der Verordnung (EU) Nr. 904/2010[2] umgesetzt wurde und im Wesentlichen seit dem 1.1.2012 gilt.[3] Allerdings wurde auch diese Verordnung nachfolgend mehrfach geändert und ergänzt. Die (derzeit) letzte – und umfassende – Änderung stammt aus dem Jahr 2018; hiermit wurden die Möglichkeiten der Zusammenarbeit nochmals erweitert.[4] Nach dieser europaweit verbindlichen Regelung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden[5] findet der Austausch von Informationen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer – und nur um die geht es in dieser Verordnung – in mehreren Stufen statt, wobei sich die Intensität der Informationsverschaffung nach den Anforderungen des Einzelfalls richtet. Zu beachten ist, dass dazu am 31.1.2012 ergänzend die Durchführungsverordnung Nr. 79/2012[6] erlassen worden ist; in dieser Verordnung werden vor allem viele Einzelfragen[7] geregelt, die im Zusammenhang mit dem Austausch von Informationen von Bedeutung sind.

 

Rz. 180

Nach der Zusammenarbeits-VO stellen sich die Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Informationsaustausches auch in der Fassung der Verordnung (EU) 2018/1541 vom 2.10.2018[8] zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten im Wesentlichen wie folgt dar:

  • Informationsaustausch auf Ersuchen (Art. 7ff.),
  • Informationsaustausch ohne vorheriges Ersuchen (Art. 13ff.),
  • Speicherung und Austausch bestimmter Informationen (Art. 17ff.),
  • Ersuchen um Zustellung durch die Verwaltung (Art. 25ff.),
  • Anwesenheit in den Amtsräumen der Behörden und Teilnahme an behördlichen Ermittlungen (Art. 28),
  • gleichzeitige Prüfungen (Art. 29 f.) und
  • Informationsaustausch im Rahmen von Eurofisc (Art. 33ff.).[9]
 

Rz. 181

Die zentralen Punkte des Informationsaustauschs mit Bezug auf die ZM finden sich in Art. 17 und 21 der Zusammenarbeits-VO. So sieht Art. 17 Abs. 1 Buchst. b zunächst die Verpflichtung der Speicherung der Daten etwa zur Identität und der USt-IdNrn. von Steuerpflichtigen sowie des Zeitpunkts der Zuteilung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer vor, gemäß dem Buchst. b der Regelung sind Angaben zu den zugeteilten und ungültig gewordenen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummern nebst des Zeitpunktes des Ungültigwerdens zu speichern. Nach Art. 21 kann dann z. B. (aus deutscher Sicht) das BZSt unter der Angabe der USt-IdNr. des inländischen Unternehmers bei dem zentralen Verbindungsbüro[10] jedes anderen Mitgliedstaats die innergemeinschaftlichen Lieferungen für einen konkreten Abnehmer und die nach Art. 17 Zusammenarbeits-VO gespeicherten Daten erfragen, jeder Mitgliedstaat hat den zentralen Verbindungsbüros anderer Mitgliedstaaten entsprechende Zugänge zu seinen Daten zu ermöglichen.[11] Zu beachten ist, dass in Deutschland nur das BZSt diese Befugnis als "zentrales Verbindungsbüro" hat;[12] derartige Anfragen können demnach nicht von einzelnen Landesfinanzbehörden vorgenommen werden. Die Landesfinanzbehörden können grundsätzlich – jedenfalls nach der Zusammenarbeits-VO – auch keine unmittelbaren Auskünfte mit den Finanzbehörden anderer Mitgliedstaaten austauschen. Die (offizielle) Kontaktmöglichkeit besteht nur über das BZSt.

 

Rz. 182

Aus den in dem anderen Staat gespeicherten Daten aus den dortigen ZM kann das BZSt nach Maßgabe des Art. 21 Abs. 2 Buchst. b der Zusammenarbeits-VO durch eine Anfrage vor allem den Gesamtwert aller innergemeinschaftlichen Lieferungen eines Steuerpflichtigen aus diesem Land erfahren. Diese Daten beziehen sich grundsätzlich auf den Kalendermonat[13], sofern es dem betreffenden Steuerpflichtigen nicht ausnahmsweise gestattet ist, die ZM quartalsweise oder jährlich abzugeben. Die vorhandenen Daten bieten i. d. R. vor allem Anhaltspunkte zur Überprüfung der Schlüssigkeit von Angaben, daraus ist aber nicht ersichtlich, welche Umsätze der ausländische Unternehmer im Einzelnen ausgeführt hat. Bei weiter bestehendem Informationsbedarf bedarf es der Durchführung einer USt-Sonderprüfu...

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