Rz. 60

Nach § 15a Abs. 4 UStG i. d. ab 1.1.2005 geltenden Fassung, der ebenfalls auf Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 185 MwStSystRL) beruht, kommt auch für sonstige Leistungen, die nicht in einen Gegenstand eingehen oder an diesem ausgeführt werden, die also nicht unter § 15a Abs. 3 UStG fallen, eine Vorsteuerberichtigung nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 und 2 UStG in Betracht, wenn deren Verwendung anders zu beurteilen ist, als dies zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs der Fall war. Ob der Vorsteuerabzug einem Berichtigungszeitraum unterliegt (§ 15a Abs. 1 UStG) oder unabhängig davon bei Verwendung zu berichtigen ist (§ 15a Abs. 2 UStG), hängt davon ab, wann die bezogene Leistung verbraucht ist.[1]

Wird die sonstige Leistung mehrfach zur Erzielung von Umsätzen verwendet, erfolgt die Vorsteuerberichtigung pro rata temporis. Wird die bezogene Leistung hingegen nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet, erfolgt die Berichtigung des gesamten Vorsteuerbetrags unmittelbar für den Zeitpunkt der Verwendung.[2]

Bei einer Vorsteuerberichtigung pro rata temporis ist regelmäßig ein 5-jähriger Berichtigungszeitraum anzunehmen. Ein 10-jähriger Berichtigungszeitraum kommt allenfalls bei längerfristigen Gebäudeanmietungen in Betracht.[3]

 

Rz. 61

Typische Beispiele für sonstige Leistungen i. S. v. § 15a Abs. 4 UStG sind z. B. (Abschn. 15a.7 Abs. 1 UStAE):

  • EDV-Programme (die als Individual-Software nicht geliefert – dann wäre § 15a Abs. 1 UStG einschlägig –, sondern gem. § 3 Abs. 9 UStG Objekt einer sonstigen Leistung sind); die Berichtigung erfolgt nach § 15a Abs. 1 UStG pro rata temporis;
  • Beratungsleistungen (z. B. für eine Produktkonzeption oder für ein Unternehmenskonzept); die Berichtigung kann nach § 15a Abs. 1 oder Abs. 2 UStG entweder pro rata temporis oder einmalig erfolgen;
  • Anzahlungen für längerfristiges Mietleasing; die Berichtigung erfolgt nach § 15a Abs. 1 UStG pro rata temporis;
  • gutachterliche Leistungen;
  • Nutzung von Patenten und Lizenzen; Übertragung von Urheberrechten;
  • Werbeleistungen[4];
  • Anmietung eines Wirtschaftsguts.
 

Rz. 62

Aus Vereinfachungsgründen wurde es von der Verwaltung bereits ab 1.1.2005 nicht beanstandet, wenn der Unternehmer die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf solche sonstigen Leistungen beschränkte (Wahlrecht des Unternehmers), für die in der Steuerbilanz ein Aktivposten[5] gebildet werden muss oder – falls der Unternehmer nicht zur Buchführung verpflichtet ist – gebildet werden müsste. Dies sollte jedoch nicht gelten, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (Voraus- und Anzahlung).[6] Die Vereinfachungsregelung war so zu verstehen, dass solche Fälle von § 15a Abs. 4 UStG erfasst werden sollten, in denen für einen bestimmten Zeitraum Zahlungen geleistet werden, die wirtschaftlich dem gesamten Zeitraum zuzurechnen sind.[7] MWv 1.1.2007 ist diese Verwaltungsregelung in § 15a Abs. 4 S. 2 bis 4 UStG gesetzlich fixiert worden.

 

Rz. 63

Die gesetzliche Neuregelung gilt für alle Vorsteuerbeträge, deren zugrunde liegende Umsätze nach dem 31.12.2006 ausgeführt werden (§ 27 Abs. 12 UStG). Nach der gesetzlichen Regelung hat der Unternehmer allerdings keine Wahlrechte mehr; d. h., der Vorsteuerberichtigung unterliegen – abgesehen von den Anzahlungs- bzw. Vorauszahlungsfällen – nur noch solche sonstigen Leistungen, für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot bestünde. Es ist also unerheblich, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur Buchführung verpflichtet ist oder freiwillig Bücher führt oder einkommensteuerrechtlich insoweit Einkünfte erzielt, die als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden.[8] Der Vorsteuerabzug aus Anzahlungen bzw. Vorauszahlungen auf sonstige Leistungen i. S.d. § 15a Abs. 4 UStG führt jedoch gem. § 15a Abs. 4 S. 3 UStG stets zu einem Berichtigungsobjekt.[9]

 

Rz. 64

Sonstige Leistungen sind umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich erst im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt.[10] Werden sonstige Leistungen i. S. d. § 15a Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 UStG bereits vor ihrer Vollendung im Unternehmen des Leistungsempfängers verwendet, kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs bereits vor Leistungsbezug (Vollendung) in denjenigen Fällen in Betracht, in denen bereits vor Leistungsbezug die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG gegeben sind (Zahlung vor Ausführung der Leistung; Vorauszahlung bei Dauerleistungen). Auch hier ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchzuführen, wenn sich im Zeitpunkt der Verwendung die Verhältnisse gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen ändern.

 

Beispiele (Abschn. 15a.7 Abs. 4 UStAE):

(1) Unternehmer U schließt mit dem Vermieter V einen Vertrag über die Anmietung eines Bürogebäudes (Fertigstellung vor dem 1.1.1998 und Baubeginn vor dem 1.1.1993) über eine Laufzeit von fünf Jahren, beginnend am 1.1.01. ...

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