Rz. 38

Nach § 15a Abs. 3 S. 1 1. Alt. UStG ist eine Vorsteuerberichtigung auch dann vorzunehmen, wenn ein Gegenstand nachträglich (durch eine Lieferung oder Werklieferung) in ein anderes Wirtschaftsgut (des Anlage- oder Umlaufvermögens) eingeht, dabei seine körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verliert, und wenn sich später eine Änderung der Verwendungsverhältnisse nach § 15a Abs. 1 oder Abs. 2 UStG ergibt. Ein solcher Gegenstand wird zu einem Bestandteil des anderen Wirtschaftsguts.[1] Bestandteile sind alle nicht selbstständig nutzbaren Gegenstände, die mit dem Wirtschaftsgut in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen. Kein Bestandteil ist ein eingebauter Gegenstand, der abtrennbar ist, seine körperliche oder wirtschaftliche Eigenart behält und somit ein selbstständiger – entnahmefähiger – Gegenstand bleibt.

 

Rz. 39

Die Berichtigung erfolgt unabhängig davon, ob der Gegenstand (Bestandteil) zu einer Werterhöhung des Wirtschaftsguts geführt hat.[2] Abweichend von der Verwaltungsmeinung (Abschn. 15a.1 Abs. 2 Nr. 3 S. 2, Abschn. 15a.6 Abs. 1 S. 3 UStAE) soll nach Huschens[3] eine Vorsteuerberichtigung nur dann in Betracht kommen, wenn die nachträglich in den Gegenstand eingegangenen Leistungen zu einer dauerhaften Werterhöhung geführt haben und diese im Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse noch nicht verbraucht ist. Huschens stützt sich dabei auf den EuGH.[4] Die betreffende Entscheidung des EuGH betraf allerdings die Entnahmebesteuerung und nicht die Vorsteuerberichtigung.[5]

 

Rz. 40

Führen die nachträglich eingegangenen Bestandteile gleichzeitig zu nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. S.v. § 15a Abs. 6 UStG, so hat die Berichtigungspflicht gem. § 15a Abs. 6 UStG nach Verwaltungsauffassung Vorrang.[6] Hier hätte der Gesetzgeber für eine Klarstellung sorgen können. Führen die nachträglich eingebauten Gegenstände hingegen ertragsteuerlich zu Erhaltungsaufwand, so räumt die Verwaltung § 15a Abs. 3 UStG den Vorrang ein.[7]

 

Rz. 41

Wurden im Rahmen einer Maßnahme mehrere Lieferungen oder Werklieferungen ausgeführt, so ließ bereits die Verwaltung aus Vereinfachungsgründen zu, dass diese Leistungen zum Zwecke der Vorsteuerberichtigung zu einem Berichtigungsobjekt zusammengefasst wurden (Wahlrecht). Zu beachten war dabei, dass die 1.000-EUR-Grenze nach § 44 Abs. 1 UStDV für das durch die Zusammenfassung entstandene Berichtigungsobjekt galt.[8]

 

Rz. 42

Diese Vereinfachungsregelung wurde durch Art. 8 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft v. 22.8.2006[9] mWv 1.1.2007 in eine gesetzliche Form gekleidet[10], wobei zu beachten ist, dass die Zusammenfassung zu einem Berichtigungsobjekt nunmehr zwingend durchzuführen ist. Das hat zur Folge, dass z. B. einzelne Leistungen, die für sich genommen zu einem Vorsteueranspruch von 1.000 EUR und weniger führen und somit unter die Bagatellregelung nach § 44 Abs. 1 UStDV fallen würden, nicht aus der Gesamtbetrachtung herausgenommen werden können. Führt allerdings die Zusammenfassung der im Rahmen einer Maßnahme in Anspruch genommenen Leistungen zu einem Vorsteuerbetrag von 1.000 EUR oder weniger, so entfällt gem. § 44 Abs. 1 UStDV eine Vorsteuerberichtigung. § 15a Abs. 3 S. 2 UStG ist auf solche Vorsteuerbeträge anzuwenden, deren zugrunde liegende Umsätze nach dem 31.12.2006 ausgeführt werden.[11] Nicht erforderlich ist es, dass im Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse noch eine durch den Bestandteil verursachte Werterhöhung am Wirtschaftsgut vorliegt. Die Notwendigkeit einer solchen Feststellung ist vor dem Hintergrund von Art. 185 MwStSystRL (früher Art. 20 der 6. EG-Richtlinie) nicht zwingend erforderlich und hätte zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeutet (Rz. 39).

 

Rz. 43

Mehrere Lieferungen oder Werklieferungen werden "im Rahmen einer Maßnahme" ausgeführt, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang erbracht werden, ein Wirtschaftsgut betreffen und ihr Bezug nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dem Erhalt oder der Verbesserung des Wirtschaftsguts dient.[12]

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U lässt an einem steuerpflichtig vermieteten Bürogebäude im ersten Halbjahr 01 folgende Renovierungsarbeiten durchführen: Malerarbeiten[13], neue Heizkörper[14], neue Eingangstür[15], fünf neue Innentüren[16], drei Einbauschränke[17] sowie Fliesenarbeiten[18], jeweils zuzüglich 19 % USt. Da es sich um eine (Renovierungs-)Maßnahme handelt, muss U sämtliche Leistungen zu einem Berichtigungsobjekt zusammenfassen. Er kann z. B. nicht den Erwerb der Heizkörper, Türen und Einbauschränke, bei denen die Vorsteuer jeweils unter der Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV liegt, ausnehmen, sodass diese Werklieferungen bei einer späteren Änderung der Verwendungsverhältnisse nicht mehr Gegenstand einer Vorsteuerkorrektur wären.

 

Rz. 44

Typische Beispiele für eingebaute Bestandteile sind (Abschn. 15a.6 Abs. 1 UStAE):

  • Klimaanlage, fest eingebautes Navigationssystem, Austauschmotor oder leistungsfähigerer ...

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