Rz. 44

§ 14c Abs. 2 S. 2 UStG ordnet die gem. § 14c Abs. 2 S. 1 UStG bestehende Steuerschuld auch für die Personen an, die zwar wie ein leistender Unternehmer abrechnen, aber keine Unternehmereigenschaft besitzen. Das sind Fälle mit besonders hohem fiskalischen Gefährdungspotenzial, denn diese Personen und Rechnungen lassen sich erfahrungsgemäß oftmals nur schwer entdecken.

 

Rz. 45

Damit sind alle natürlichen Personen, juristische Personen des privaten wie des öffentlichen Rechts, aber auch nicht rechtsfähige Personenvereinigungen erfasst, die nicht Unternehmer sind oder die Rechnungen mit offenem Steuerausweis in ihrem nichtunternehmerischen oder hoheitlichen Bereich erteilen.

 
Praxis-Beispiel

Umsatzsteuerausweis bei hoheitlicher Tätigkeit

Eine Gemeinde weist in einem Abwasserbescheid offen USt aus.

Weil die Abwasserentsorgung eine hoheitliche Aufgabe der Gemeinde ist[1], darf sie für ihre gebührenpflichtigen Leistungen auf diesem Gebiet mangels wirtschaftlicher Tätigkeit keine USt in Rechnung stellen. Es spielt keine Rolle, dass die Wasserversorgung durch die Gemeinde eine unternehmerische Tätigkeit darstellt. Lt. dem in Rz. 39a erwähnten BFH-Urteil vom 21.9.2016 muss die Steuer nicht einmal als zusätzlicher Teil des Preises aufgeführt sein, es genügt ein Hinweis auf die USt aus Vorleistungen, die mit den Gebühren überwälzt wird.

 

Rz. 46

Anders wäre es in diesem Beispiel, wenn die Gemeinde mit den abwasserbeseitigungspflichtigen Grundstückseigentümern einen nach den landesrechtlichen Abwasservorschriften zulässigen privatrechtlichen Abwasserentsorgungsvertrag geschlossen hätte. Dann läge nicht eine gem. § 2b Abs. 1 UStG nichtsteuerbare Leistung vor. Vielmehr handelt es sich dann um eine gem. § 2 Abs. 1 UStG steuerbare und steuerpflichtige Leistung, über die mit offenem Ausweis von USt abgerechnet werden darf.[2] Für einen Streit darüber gilt dann der Zivilrechtsweg, wohingegen gegen den Gebührenbescheid, der unberechtigt USt offen ausweist, der Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten ist.

 

Rz. 47

Außerdem gilt die Steuerschuld gem. § 14c Abs. 2 S. 2 UStG auch für Unternehmer, die eine Rechnung mit offenem Steuerausweis erteilen, obwohl sie eine Lieferung oder eine sonstige Leistung überhaupt nicht ausführen. Das sind die sog. Scheinrechnungen, die von Anbeginn an das Mehrwertsteuersystem über die Erlangung eines ungerechtfertigten Vorsteuerabzugs betrugsanfällig gemacht haben.

 

Rz. 48

Ebenso fallen die Rechnungen mit offenem Steuerausweis unter diesen Satz der Vorschrift, bei denen unter falschem Namen abgerechnet wird, denn die richtige Angabe von Name und Anschrift des Leistenden ist gem. § 15 Abs. 1 i. V. m. § 14 UStG unverzichtbare Voraussetzung für die Qualifikation einer dem Vorsteuerabzug gewährenden Rechnung. Deshalb ist die Sanktion des § 14c Abs. 2 UStG für diese fiskalisch hoch gefährlichen Rechnungen notwendig.

 

Rz. 49

Auch Rechnungen z. B. über Schadensersatz oder Schmerzensgeld sind, da über nicht steuerbare Vorgänge[3] abgerechnet wird, bei offenem Ausweis von USt von 14c Abs. 2 UStG betroffen.

 

Rz. 50

Ein wichtiger Anwendungsbereich der Norm sind außerdem die sog. Gefälligkeitsrechnungen und Abdeckrechnungen, bei denen – oftmals auch zu Zwecken der ertragsteuerlichen Steuerverkürzung oder zur Tarnung ungesetzlicher Aktivitäten, wie z. B. unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung – über nicht oder andere als die tatsächlich ausgeführte Leistungen mit offenem Steuerausweis abgerechnet wird.

 
Praxis-Beispiel

Gefälligkeitsrechnung

Ein Handwerksunternehmer lässt sich von dem Lieferanten eines Fernsehgeräts eine Rechnung erteilen über die Lieferung einer Bohrmaschine, die im unternehmerischen Bereich des Handwerksmeisters einsetzbar wäre. Das Fernsehgerät wird für den ausschließlich privaten Gebrauch des Handwerksunternehmers genutzt.[4]

Rz. 51 einstweilen frei

 

Rz. 52

Wie bei § 14c Abs. 1 UStG (Rz. 17) braucht die Rechnung für die Auslösung der Steuerschuld gem. § 14c Abs. 2 UStG nicht alle Merkmale des § 14 Abs. 4 UStG zu erfüllen (Abschn. 14c.2 Abs. 1 UStAE). Aber auch hier muss die Steuer mit einem Geldbetrag genannt sein. Nur bei diesem Verständnis der Norm kann sie ihren Zweck erfüllen.

 

Rz. 53

Nicht unter § 14c Abs. 2 UStG fallen die Vorausrechnungen für Anzahlungen auf noch auszuführende Umsätze, wenn es zur Ausführung dieser Umsätze tatsächlich nicht kommt.[5] Anders ist es dagegen, wenn bereits bei der Rechnungserteilung über die Anzahlung feststeht, dass die Leistung nie mehr erbracht werden wird. Das hat der BFH[6] schon zur Rechtslage des damals geltenden § 14 Abs. 3 UStG 1993 entschieden. Im Urteil v. 6.4.2016[7] hat der BFH dies erneut so gesehen in einem Fall, in dem über die volle zukünftige Vertragslaufzeit eines Sale-and-lease-back-Vertrags eine Rechnung mit offenem Steuerausweis erteilt wurde. Der BFH stellt dabei heraus, dass die Vorausrechnung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Leistung erkennen lässt.[8]

 

Rz. 54

Abschn. 14c.2 Abs. 2 Nr. 4 UStAE will auch die Fäll...

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