Rz. 41

Nach § 52 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Personenkreis zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens gehört oder in Folge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann.

 

Rz. 42

Dem Begriff der Allgemeinheit ist immanent, dass die Förderung exklusiver Kreise oder die Bestrebungen von Außenseitern mit einseitigen oder extremen Sonderinteressen nicht als gemeinnützig anzuerkennen sind. Unter Allgemeinheit ist andererseits nicht notwendig die Gesamtheit der Bürger Deutschlands oder eine daraus kaum zu ermittelnde Mehrheit der Bevölkerung zu verstehen. Die Förderung der Allgemeinheit kann auch dann gegeben sein, wenn nur einzelne oder wenige Personen gefördert werden. Die Tätigkeit einer Körperschaft darf jedoch nicht in Folge einer Abgrenzung nach örtlichen oder beruflichen Merkmalen, nach Stand und Religionsbekenntnis oder nach mehreren dieser Merkmale dauernd nur einem kleinen Personenkreis zugutekommen. Die Tätigkeit darf auch nicht nur den Belangen bestimmter Personen dienen oder in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen.[1] Die Beschränkung auf einen zu engen Personenkreis kann sich z. B. aus der Satzung oder auch aus der Höhe der Mitgliederbeiträge ergeben, z. B. wenn sie besonders hoch festgesetzt werden, um die Mitglieder auf die Angehörigen wohlhabender Kreise zu beschränken. Andererseits kann aber der Vereinszweck auch hohe Mitgliederbeiträge rechtfertigen, wenn er mit entsprechend hohen Kosten verbunden ist, wie es z. B. bei Golfsportvereinen[2] oder Segelklubs[3] der Fall sein kann. Ein Verein, dessen Tätigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugutekommt (insbesondere Sportvereine und Vereine, die in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO genannte Freizeitbetätigungen fördern), fördert nicht die Allgemeinheit, wenn er den Kreis der Mitglieder durch hohe Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträge (einschließlich Mitgliedsumlagen) klein hält. Bei einem Verein, dessen Tätigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugutekommt, ist eine Förderung der Allgemeinheit i. S. d. § 52 Abs. 1 AO anzunehmen, wenn die Mitgliedsbeiträge und Mitgliedsumlagen zusammen im Durchschnitt 1.023 EUR je Mitglied und Jahr und die Aufnahmegebühren für die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt 1.534 EUR nicht übersteigen.[4]

 

Rz. 43

Eine Körperschaft verfolgt dann keine gemeinnützigen Zwecke, wenn sie Tätigkeiten nachgeht, die gegen die Rechtsordnung verstoßen. Dies kann eine der Körperschaft als tatsächliche Geschäftsführung zurechenbare Lohnsteuerverkürzung sein. Die Zurechenbarkeit eines eigenmächtigen Handelns einer für die Körperschaft tätigen Person ist bereits bei grober Vernachlässigung der dem Vertretungsorgan obliegenden Überwachungspflichten zu bejahen; insoweit kommt auch ein Organisationsverschulden in Betracht.[5]

 

Rz. 44

Gemeinnützigkeit liegt nach § 55 Abs. 1 AO nicht vor, wenn eine Tätigkeit in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke (z. B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke) verfolgt. Dabei ist es gleichgültig, ob eigenwirtschaftliche Zwecke der Körperschaft selbst oder ihrer Mitglieder verfolgt werden. Aus diesem Grund ist bei einer Gesellschaft keine Gemeinnützigkeit anzunehmen, wenn für die Mehrzahl ihrer Gesellschafter wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. Die mittelbare gemeinnützige Auswirkung der Tätigkeit der Gesellschaft ist in diesem Fall unbeachtlich.[6] Weil das wirtschaftliche Interesse der Mitglieder im Vordergrund steht, ist die Gemeinnützigkeit z. B. zu verneinen bei Obst- und Gartenbauvereinen, Fremdenverkehrsvereinen oder Berufsverbänden.

 

Rz. 45

§ 52 Abs. 2 AO enthält eine abschließende Aufzählung gemeinnütziger Zwecke. Solche Zwecke können auch dann vorliegen, wenn die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird.[7] Ab dem Veranlagungszeitraum 2007 sind aufgrund des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements[8] die steuerbegünstigten Zwecke allein in den §§ 52 bis 54 AO geregelt. § 48 EStDV und die Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV wurden daher als entbehrlich aufgehoben. Mit der Aufnahme der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Abs. 2 AO war keine Einengung der bis dahin als besonders förderungswürdig anerkannten Zwecke nach Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV in der bis einschließlich 2006 geltenden Fassung verbunden. Bei § 52 Abs. 2 AO handelt es sich grundsätzlich um eine abschließende Aufzählung gemeinnütziger Zwecke. Die Allgemeinheit kann allerdings auch durch die Verfolgung von Zwecken, die hinsichtlich der Merkmale, die ihre steuerrechtliche Förderung rechtfertigen, mit den in § 52 Abs. 2 AO aufgefü...

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