Rz. 17

Ob der Begriff Überlassung auch Lieferungen umfasst, mag nach allgemeinem Sprachgebrauch zweifelhaft sein. Aus der Entstehung der Vorschrift und aus der Systematik des § 12 Abs. 2 UStG ergibt sich m. E. jedoch eindeutig, dass die Lieferung von Filmen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG nicht begünstigt ist. Den Tatbestand der "Überlassung von Filmen zur Auswertung" hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1967 aus § 1 Abs. 1 Nr. 4 Berlinhilfegesetz 1964 (BHG) übernommen. Diese Vorschrift war[1] in das BHG eingefügt worden, um die sonstige Leistung, die in der Übertragung des Rechts zur Auswertung der Filme besteht, der Lieferung von Filmen gleichzustellen, die bereits nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 BHG a. F.[2] begünstigt war. Aus der Entstehung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1967 muss also geschlossen werden, dass der Tatbestand "Überlassung von Filmen zur Auswertung" im gleichen Sinne wie in § 1 Abs. 1 Nr. 4 BHG 1964, nämlich als sonstige Leistung, zu verstehen ist. Für diese Auslegung spricht auch die Tatsache, dass die Begünstigung von Lieferungen, soweit es sich um eine objektive Begünstigung handelt, ausschließlich in § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG geregelt ist. Des Weiteren handelt es sich bei einer Veräußerung von Filmen nicht nur um eine Rechtsübertragung als sonstige Leistung, sondern gleichzeitig um eine Lieferung des Filmmaterials. Nach der Rechtsprechung des BFH[3] kommt es bei dieser einheitlichen Leistung, die Elemente der Rechtsübertragung und Sachübertragung enthält, auf den Schwerpunkt der Leistung an. Gegenüber der Filmveräußerung kommt jedoch der Mitübertragung des Rechts zur Vorführung in einem engen Schulungskreis als Erlaubnis zur bestimmungsgemäßen Benutzung unter Ausschluss der Übertragung jeden weitergehenden Urheberrechts keine ausschlaggebende Bedeutung zu.[4]

 

Rz. 18

Unter § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG fallen also nur sonstige Leistungen, deren wesentlicher Inhalt in der Überlassung des Rechts zur Auswertung (d. h. Verwertung z. B. durch Verbreitung, Vervielfältigung, Aufführung usw.) besteht. Da es sich hierbei um urheberrechtlich geschützte Rechte handelt, stimmt die Vorschrift insoweit mit § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG überein, wonach die Einräumung und Übertragung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, begünstigt sind. Die Überlassung von Filmen zur Auswertung (und Vorführung) ist also gleichzusetzen mit der Überlassung von Rechten an Filmen zu deren Auswertung (und Vorführung) und fällt daher gleichzeitig unter die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG setzt also wie § 12 Abs. 2 Buchst. c UStG voraus, dass der leistende Unternehmer Nutzungsrechte i. S. d. Urheberrechts zur Wahrnehmung überlässt. Die Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG muss sich daher an der vorgegebenen urheberrechtlichen Rechtslage orientieren.

 

Rz. 19

Die kommerzielle Verwertung von Filmen ist durch Sondervorschriften im Urheberrechtsgesetz[5] geregelt. Damit sind die zivilrechtlichen Gestaltungsformen festgelegt. Sie betreffen sowohl die urheberrechtlich geschützten Filmwerke als auch die nichtschöpferischen Bildfolgen (sog. Laufbilder). Bei Filmwerken werden die Verwertungsbefugnisse der Urheber dadurch begrenzt, dass dem Filmhersteller ausschließliche Nutzungsrechte an den Verwertungsrechten der Urheber zugewendet werden. Der Filmhersteller wird dadurch in die Lage versetzt, das Filmwerk auf alle bekannten Nutzungsarten zu nutzen. Für die Verwertung von Filmwerken und nichtschöpferischen Bildfolgen, d. h. für Filme aller Art, ist somit zivilrechtlich vorgegeben, dass sie sich in Gestalt von Rechtseinräumungen (Überlassung von Nutzungsrechten) oder durch Rechtsüberlassung (Abtretung von Leistungsschutzrechten) vollzieht. Die Überlassung des Werk- oder Vervielfältigungsstücks, d. h. des Filmträgers, folgt aus dieser Befugnis. Die Nutzungsrechte, die die kommerzielle Verwertung der Filme gewährleisten, leiten sich also inhaltlich aus den Verwertungsrechten der Urheber- bzw. den Leistungsschutzrechten des Filmherstellers ab. Das Vervielfältigungsrecht i. S. d. UrhG beinhaltet das Recht, vom Filmwerk Kopien zu ziehen. Das Verbreitungsrecht i. S. d. UrhG gibt das Recht, die Filmkopie zum Zweck der Aufführung an die Aufführungsberechtigten zu geben. Das Vorführungsrecht ermöglicht, das Filmwerk öffentlich i. S. d. UrhG wahrnehmbar zu machen. Der BFH knüpft bei der Auslegung des Begriffs der Filmvorführung an den Begriff der öffentlichen Filmvorführung in § 19 Abs. 4 S. 1 UrhG an[6], wonach das Vorführungsrecht das Recht ist, ein Werk der bildenden Künste, ein Lichtbildwerk, ein Filmwerk oder Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art durch technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.

 

Rz. 20

Hieraus folgt, dass die Vermietung von bespielten Videokassetten durch Videothekare zur Abspielung im privaten Bereich keine Überlassung zur Vorführung i. S. d. Urheberrechts und damit auch nicht i. S. d. ...

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