Rz. 1

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG regelt – wie § 4 Nr. 20 UStG als Korrespondenzvorschrift für die Steuerbefreiungen – die Steuerermäßigung für bestimmte kulturelle Leistungen. Die Vorschrift geht auf § 12 Abs. 2 Buchst. b UStG 1967/1973 zurück, wonach folgende Umsätze steuerermäßigt waren: "die Leistungen der Theater, Orchester und Museen sowie die Veranstaltungen von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer". Der gesamte Kulturbereich sollte bei Einführung des UStG 1967 begünstigt werden. Insofern steht § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG in einem sachlichen Zusammenhang mit der Steuersatzbegünstigung der Waren des Buchhandels und der Erzeugnisse des grafischen Gewerbes, für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke sowie für Büchereien und Lesezirkel.

 

Rz. 2

Für kulturelle und unterhaltende Leistungen hatte der Regierungsentwurf[1] zum UStG 1967 noch keine Steuervergünstigungen vorgesehen. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags war jedoch der Auffassung, dass die Anwendung des Normalsteuersatzes im Kulturbereich nach vorgelegten Berechnungen zu nicht vertretbaren Mehrbelastungen (und damit zu Preissteigerungen oder Gewinnschmälerungen) führen würde. Aus diesem Grund hatte er bestimmte kulturelle Leistungen (u. a. auch Theater, Orchester und Museen, soweit sie nicht steuerbefreit waren) in die Steuerermäßigung einbezogen.[2]

 

Rz. 3

In gleichem Umfang wie die Steuerbefreiung wurde die Steuerermäßigung mWv 1.1.1980 (UStG 1980), ab diesem Zeitpunkt enthalten in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, auf Leistungen der Kammermusikensembles und Chöre sowie auf die Veranstaltung von Kammermusik- und Chorkonzerten ausgedehnt.[3] Damit wurden neben den Orchestern alle anderen Musiker- und Gesangsgruppen mit zwei und mehr Mitwirkenden in die Steuerbefreiung einbezogen. Auf die Art der Musik kommt es nicht an. Auch Musikergruppen aus dem Bereich der Unterhaltungsmusik können deshalb unter die Steuerbefreiungsvorschrift fallen.[4]

 

Rz. 4

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG war des Weiteren durch Art. 5 Nr. 8 des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes[5] mWv 16.12.2004[6] neu gefasst worden. Der Steuerermäßigung unterliegen seit diesem Zeitpunkt die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler. Anlass für diese Gesetzesänderung war eine Entscheidung des EuGH[7], wonach auch Solisten für ihre Darbietungen den ermäßigten Steuersatz beanspruchen können. Nachdem die Verwaltung[8] bereits die Befolgung des EuGH-Urteils v. 3.4.2003[9] angeordnet hatte, nahm der Gesetzgeber nunmehr die Anpassung des Gesetzestextes an die Vorgaben des Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie vor.

 

Rz. 5

Eine inhaltliche Änderung sollte mit der Neufassung nach der Gesetzesbegründung[10], abgesehen davon, dass nach der Gesetzesänderung auch den Ensembles vergleichbare Leistungen von Einzelkünstlern der Steuerermäßigung unterliegen, im Übrigen nicht verbunden sein. Von daher gilt die nachstehende Kommentierung, soweit sie auf die früher im Gesetzeswortlaut verwendeten Begriffe Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer abstellt, auch weiterhin.

 

Rz. 6

Mit der Neufassung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG wurde auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i. V. m. Anhang H Nr. 7 und Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 98 i. V. m. Anhang III Nr. 7 und 9 MwStSystRL – der in der 6. EG-Richtlinie unter Anhang III Nr. 7 am Ende aufgeführte "Empfang von Rundfunk- und Fernsehprogrammen" bildet in Anhang III MwStSystRL nunmehr die Nr. 8) Bezug genommen. Der EuGH hatte in seinem Urteil v. 23.10.2003[11] entschieden, dass für die Solistenleistungen an Konzertveranstalter – wie für Ensembles – der ermäßigte Steuersatz gewährt werden muss. Nach Ansicht des EuGH erfasst der Begriff "ausübende Künstler" in Anhang H Nr. 7 und 8 der 6. EG-Richtlinie sowohl die Leistungen einzelner ausübender Künstler als auch die Leistungen der zu einer Gruppe zusammengeschlossenen ausübenden Künstler. Die Anzahl der auf der Bühne anwesenden Personen spielt dafür keine Rolle.

 

Rz. 7

Die Neufassung der Vorschrift war gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf während der parlamentarischen Beratungen verändert worden.[12] Nach dem Gesetzentwurf war vorgesehen, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG aufzusplitten in einen Doppelbuchst. aa) – die Eintrittsberechtigung für Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen –, und einen Doppelbuchst. bb) – die Werke und Darbietungen ausübender Künstler bei der Aufführung der Theater, Orchester, Kammermusikensembles und Chöre. Die Änderung i. d. F. des angenommenen Gesetzeswortlauts erfolgte aufgrund einer notwendigen sprachlichen Überarbeitung, da die Einleitungsworte "die folgenden Umsätze" (Nr. 7 Buchst. a) i. d. F. des Gesetzentwurfs bereits in S. 1 von § 12 Abs. 2 UStG enthalten sind. Außerdem wurden die Worte "Orchester, Kammermusikensembles und Chöre" durch di...

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