Rz. 1

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG unterliegen die dort abschließend aufgezählten bestimmten sonstigen Leistungen und Lieferungen für Zwecke der Landwirtschaft dem ermäßigten Steuersatz. Den begünstigten Leistungen ist gemeinsam, dass es sich um Vorleistungen der Land- und Forstwirtschaft handelt. Die Entstehung und Bedeutung der Vorschrift stehen in engem Sachzusammenhang mit der Durchschnittsbesteuerung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe.[1] Die Steuerermäßigung kommt nicht nur für Umsätze von Vereinigungen in Betracht, deren satzungsmäßiger Zweck die Vatertierhaltung, die Förderung der Tierzucht, die künstliche Tierbesamung, die Milchkontrolle oder die Trocknung von Feldfrüchten ist.[2] Die Steuerermäßigung gilt auch für alle anderen Unternehmer, die derartige Leistungen ausführen. Ohne die Steuervergünstigung wären diese Unternehmer gegenüber den landwirtschaftlichen Vereinigungen benachteiligt, die diese Leistungen üblicherweise anbieten. Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber von Art. 98 Abs. 2 i. V. m. Anh. III Nr. 11 MwStSystRL ("Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die i. d. R. für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, mit Ausnahme von Investitionsgütern wie Maschinen oder Gebäuden") Gebrauch gemacht. Von daher ist die Vorschrift eng auszulegen.

 

Rz. 2

Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt für alle Unternehmer, die den allgemeinen Vorschriften des UStG unterliegen, insbesondere für Tierzuchtvereinigungen, aber auch für einzelne Tierzüchter, Vatertierhalter oder Besamungsstationen. Sie gilt nicht für Land- und Forstwirte (z. B. Vatertierhalter), die gem. § 24 UStG nach Durchschnittsätzen besteuert werden.[3]

 

Rz. 3

§ 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt deshalb insbesondere nicht für Leistungen von Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Zweck zwar auch in der Förderung der Tierzucht besteht, die aber nach den Arten der von ihnen geförderten Züchtungen (Zimmervögel, Katzen, Hunde, Pelztiere, Mäuse, Ratten, Meerschweinchen u. a.) oder den mit der Züchtung verfolgten Zwecken keinen Bezug zur Landwirtschaft haben. Leistungen von Personenvereinigungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen[4], können jedoch unabhängig von der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG steuerbegünstigt sein, z. B. entsprechende Leistungen von gemeinnützigen Rennvereinen oder Reit- und Fahrvereinen.

 

Rz. 4

Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG enthält keine Einschränkung, was den Leistungsempfänger betrifft. Anders als bei der Steuerbegünstigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b UStG 1980 (Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften an land- und forstwirtschaftliche Betriebe) muss also der Leistungsempfänger kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb sein.

 

Rz. 5

Die in § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG begünstigten Leistungen sind – soweit sie nicht im Interesse der Landwirtschaft von Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgeübt werden – typische Aufgaben des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens oder anderer aus der Landwirtschaft gebildeter Zusammenschlüsse.[5]

 

Rz. 6

Unter die Begünstigung fallen nicht nur sonstige Leistungen, sondern auch Lieferungen, z. B. die Lieferungen von Tiersamen an Tierhalter, wenn diese die künstliche Tierbesamung selbst vornehmen. Bei unentgeltlichen Wertabgaben aus dem Unternehmen, die den Leistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG gleichgestellt sind, und bei zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage führenden Leistungen (z. B. unter nahe stehenden Personen) gilt die Steuerermäßigung entsprechend.[6]

 

Rz. 7

Die Vorschrift beschränkt sich nach ihrer Zielsetzung auf Leistungen, die einer für landwirtschaftliche Zwecke geeigneten Tierzucht usw. zu dienen bestimmt sind.[7] Den in § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG aufgeführten Leistungen ist somit gemeinsam, dass sie den begünstigten Zwecken (Vatertierhaltung, Förderung der Tierzucht usw.) unmittelbar dienen müssen. Das ist der Fall, wenn der begünstigte Zweck durch die zu beurteilende Leistung selbst verwirklicht wird.[8] Hiernach ist z. B. eine Leistung zur Förderung der Tierzucht nur dann steuerbegünstigt, wenn die Tierzucht durch die Leistung selbst gefördert wird. Ist die Leistung zur Erfüllung des begünstigten Zwecks nicht zwingend erforderlich, liegt nur Mittelbarkeit vor, die für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht ausreicht. Das gilt auch dann, wenn sich der Unternehmer durch diese Leistung die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verwirklichung des begünstigten Zwecks verschafft. Die Lieferungen von Tieren dienen den begünstigten Zwecken allenfalls mittelbar. Das gilt auch für die Lieferungen von Zuchttieren, die durch den Unternehmer (Vatertierhalter, Tierzüchter oder Besamungsstation) gezüchtet oder genutzt worden sind. Solche Lieferungen sind jedoch nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG begünstigt, soweit es sich um Tiere der Nr. 2 der Anlage des UStG handelt.

 

Rz. 8

Die Steuerbegünstigung für Leistungen, die unmittelbar der Förderung der T...

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