Rz. 51

Bis zum 31.3.1999 fiel neben Lieferungen, innergemeinschaftlichen Erwerben und Einfuhren auch der Tatbestand des Eigenverbrauchs unter die Steuerermäßigung. Durch Art. 7 Nr. 8 Buchst. a des StEntlGesetzes 1999/2000/2002 v. 24.3.1999[1] wurde dieser Tatbestand im Zuge der Neuregelung der Eigenverbrauchsbesteuerung aufgehoben. Ab 1.4.1999 werden die Leistungen, die bis dahin nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 und Nr. 3 UStG a. F. unter den Tatbestand des Eigenverbrauchs fielen, als Untertatbestände (unentgeltliche Wertabgaben) der Lieferungen und sonstigen Leistungen behandelt. Der ehemalige Entnahmeeigenverbrauch und die unentgeltliche Abgabe von Gegenständen aus dem Unternehmen werden seitdem nach § 3 Abs. 1b UStG den entgeltlichen Lieferungen gleichgestellt. Damit kann auch ab dem 1.4.1999 auf unentgeltliche Wertabgaben die Steuerermäßigung angewendet werden (z. B. bei Entnahmen von begünstigten Lebensmitteln eines Lebensmittelhändlers für seinen Haushalt, Rz. 54). Dementsprechend wurde der Eigenverbrauch in § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG mWv 1.4.1999 gestrichen.

 

Rz. 52

Der ermäßigte Steuersatz ist nur dann auf unentgeltliche Wertabgaben anzuwenden, wenn die in § 12 Abs. 2 UStG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.[2] Dies bedeutet in der Praxis, dass – im Gegensatz zum bis 31.3.1999 geltenden Recht – nur noch die einer Lieferung gegen Entgelt i. S. d. § 3 Abs. 1b UStG gleichgestellten

  • Entnahmen von Gegenständen der Anlage 2 des UStG durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
  • die unentgeltliche Zuwendung eines solchen Gegenstands der Anlage 2 des UStG durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf und
  • jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands der Anlage 2 des UStG

dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellte Tatbestände i. S. d. § 3 Abs. 9a UStG (die privat veranlasste Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands bzw. die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung für außerunternehmerische Zwecke) ist somit nicht mehr steuerbegünstigt. Dies gilt vor allem für die Entnahme von Speisen und Getränken, sofern es sich hierbei um eine sonstige Leistung handelt (Rz. 53). Lediglich in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2023 ist auf die Abgabe von Speisen im Rahmen einer sonstigen Leistung der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG anzuwenden (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG Rz. 1ff.).

 

Rz. 53

Nach der Rechtslage ab 1.4.1999 gibt es keine Möglichkeit mehr zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes beim Eigenverbrauch bzw. bei der unentgeltlichen Wertabgabe von Speisen durch Verzehr an Ort und Stelle, denn § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG spricht weiterhin nur von Gegenständen, bei deren Lieferung usw. der ermäßigte Steuersatz gilt. Die Entnahme einer Dienstleistung nach § 3 Abs. 9 UStG wird hiervon aber nicht erfasst. Offenbar ist dieses Problem bei den Formulierungen der Vorschrift und den Beratungen nicht in das Blickfeld des Gesetzgebers getreten. Demnach müssten bei einem Restaurationsbetrieb (z. B. Restaurant, Gaststätte) die unentgeltlichen Wertabgaben zubereiteter Speisen dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, wenn diese Speisen vom Unternehmer bzw. seinen Angehörigen u. U. eingenommen werden, die dem Verzehr an Ort und Stelle entsprechen, z. B. beim Verzehr im Lokal.[3]

 

Rz. 54

Andererseits kommt aber auch nach der Verwaltungsauffassung für unentgeltliche Wertabgaben (z. B. die Entnahme von Nahrungsmitteln durch einen Gastwirt) der ermäßigte Steuersatz in Betracht.[4] Auf Warenentnahmen von Lebensmitteln ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, wenn diese zunächst dem Unternehmen entnommen und erst danach zur Zubereitung der Mahlzeiten für den Unternehmer und dessen Angehörige verwendet werden. Dies betrifft nach der Verwaltungsauffassung z. B. die Entnahme von Nahrungsmitteln durch einen Gastwirt zum Verzehr in einer von der Gaststätte getrennten Wohnung.[5]

 

Rz. 54a

Nach der Verwaltungsauffassung[6]

liegt dagegen eine unentgeltliche Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 2 UStG vor, wenn der Verzehr von Speisen und Getränken durch den Unternehmer selbst als sonstige Leistung anzusehen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Unternehmer (Gastwirt usw.) zubereitete Speisen und Getränke in seinen Gasträumen verzehrt. In diesem Fall unterliegt die unentgeltliche Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 2 UStG vor dem 1.7.2020 und ab dem 1.1.2024 dem allgemeinen Steuersatz. In der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2023 unterliegt die unentgeltliche Wertabgabe, soweit es sich um Speisen handelt, dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG.[7] Soweit es sich um Getränke handelt, unterliegt die unentgeltliche Wertabgabe stets dem allgemeinen Steuersatz.

 

Rz. 54b

Grundsätzlich müssten die Unternehmer (Gastwirte usw.) jede einzelne Entnahme von Nahrungsmitteln i. S. d. § 3 Abs. 1b UStG bzw. jede einzelne unentgeltliche Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 9a S. 1...

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