Rz. 530

Einzelunternehmer ist jede natürliche Person mit Unternehmereigenschaft. Seine Leistungen an ihm nahe stehende Personen mussten der Mindestbemessungsgrundlage unterworfen werden, wenn alle Leistungen gegen Entgelt in dem Nähebereich von ihr erfasst werden sollten. Der Einzelunternehmer wäre sonst alleine nicht betroffen worden, nachdem alle anderen Unternehmer unter die Vereinigungen, Gesellschaften usw. fallen. Da die unentgeltliche Wertabgabe des Einzelunternehmers jeweils fiktive Lieferung gem. § 3 Abs. 1b Nr. 1–3 UStG oder fiktive sonstige Leistung gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 u. 2 UStG ist bzw. vor dem 1.4.1999 Eigenverbrauch war, mussten die Leistungen ohne zureichendes Entgelt in § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 UStG einbezogen werden. Dies unterliegt allerdings wie alle Fälle der Mindestbemessungsgrundlage den unionsrechtlichen Voraussetzungen. Der vom Unionsrecht vorausgesetzte Missbrauch durch Steuerhinterziehung oder –umgehung wird nun vom BFH bei günstigen Verträgen wie z. B. Darlehensverträgen nicht mehr ohne Weiteres angenommen, sondern soll im Einzelfall geprüft werden. Dabei spielen Fragen einer Wirtschaftsgemeinschaft u. Ä. eine Rolle.[1]

 

Rz. 530a

Die Regelung geht auf Art. 80 Abs. 1 MwStSystRL zurück, der als Empfänger Personen mit einem familiären Bezug oder anderen persönlichen Bindungen nennen. Der BFH hatte daher die Gefahr von Steuerhinterziehungen und -umgehungen grundsätzlich bei Rechtsverhältnissen zwischen nahestehenden Personen als gegeben angesehen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Leistungsempfänger ganz, teilweise oder gar nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.[2] Nach Rechtsprechung des EuGH[3] hat der BFH seine Rechtsprechung für die Fälle geändert, in denen der Leistungsempfänger zum vollen Vorsteuerabzug der in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge nicht der Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG unterliegt.[4]

 

Rz. 531

Der Begriff der nahestehenden Personen bedarf dabei einer besonderen Betrachtung. Die Verwaltung verwies früher für diesen Begriff ohne Weiteres auf die Definition, die sie in Anlehnung an die körperschaftsteuerliche Auslegung im Rahmen der verdeckten Gewinnausschüttung zu dem gleich lautenden Begriff des vor dem 1.4.1999 geltenden § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG gefunden hatte.[5] Diese lautet jetzt nach Abschn. 10.7 Abs. 1 S. 2 UStAE:

Zitat

Als "nahe stehende Person" sind Angehörige i. S. d. § 15 AO sowie andere Personen und Gesellschaften anzusehen, zu denen ein Anteilseigner, Gesellschafter usw. eine enge rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Beziehung hat.

 

Rz. 532

Diese einfache Übernahme der Begriffsbestimmung aus dem Körperschaftsteuerrecht wird jedoch der Regelung in § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, 2. Alternative UStG nicht gerecht. Der Begriff der nahe stehenden Person wird im Steuerrecht in einer Reihe von Vorschriften unterschiedlich verwendet oder ausgelegt. Er kann nicht durch einfache Auslegung in ein anderes Steuergebiet übernommen werden. Der Begriff ist vielmehr für die jeweilige Vorschrift durch eigene Auslegung zu ermitteln.[6] Im Körperschaftsteuerrecht wie in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG a. F. und des § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, 1. Alternative UStG befindet sich die nahe stehende Person zum Empfänger der Leistung in einem Näheverhältnis, während in den hier zu behandelnden Fällen die Beziehung der nahe stehenden Person zum Leistenden zu betrachten ist. Dies muss bei der Auslegung berücksichtigt werden. In den Fällen der verdeckten Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht und in den Fällen des früheren § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG besteht bereits zwischen der Gesellschaft, Vereinigung usw. gegenüber ihren Gesellschaftern, Mitgliedern usw. ein Näheverhältnis. Die für Leistungen an diese eintretenden steuerlichen Folgen sollen hier auch dann gelten, wenn sie an nahe stehende Personen dieser nahe Stehenden gehen. Die Folgen treten also auch bei Leistungen an nur mittelbar dem Leistenden nahe stehende Personen ein.

 

Rz. 533

Sinn und Zweck der Regelung des § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, 2. Alternative UStG ist es nach der Absicht des deutschen Gesetzgebers, die durch Näheverhältnisse beeinflussten Entgelte auch in den Fällen unter den Einfluss der Mindestbemessungsgrundlage zu bringen, in denen sie für Leistungen von Einzelunternehmern erbracht werden. Eine Gleichbehandlung mit den anderen Fallgruppen setzt dann aber voraus, dass auch beim Einzelunternehmer seine Leistungen ebenfalls dann in den Regelungsbereich der Mindestbemessungsgrundlage einbezogen werden, in denen an ihm nur mittelbar nahe Stehende geleistet wird.[7]

 
Praxis-Beispiel

Ehemann A hat eine Lagerhalle errichtet. Diese vermietet er der unternehmerisch tätigen GmbH, deren Alleingesellschafter seine Ehefrau ist, gegen einen Mietzins, der erheblich unter den Kosten und unter dem marktüblichen Mietzins liegt. Nach der Definition der Verwaltung[8] ist die GmbH keine dem A nahe stehende Person. Nach der hier vertretenen Auffassung reicht das im Beispielsfall zu bejahende mittelbare Näheverhältnis.

 

Rz. 534

Die ...

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