Rz. 472

Die Selbstkosten sind "mangels eines Einkaufspreises" anzusetzen, wenn ein Einkaufspreis nicht ermittelt werden kann (Abschn. 10.6 Abs. 1 S. 4 UStAE). Darunter fallen alle entnommenen oder einem der Entnahme gleichgestellten Umsatz unterliegenden Gegenstände (z. B. dem Verbringen), die vom Unternehmer tatsächlich nicht angeschafft, sondern hergestellt worden sind und für die ein Einkaufspreis nicht ermittelbar ist. Nach der Verwaltungsauffassung sind die Selbstkosten anzusetzen, wenn es sich um eine Sonderanfertigung handelt oder aus anderen Gründen ein Einkaufspreis nicht ermittelt werden kann.[1] Ob dies in allen Fällen systematisch zutreffend ist, kann aber so bezweifelt werden. Wenn ein produzierender Unternehmer Gegenstände herstellt erscheint ein Ansatz mit dem von ihm erzielten Preisen (dies wären die Wiederbeschaffungskosten) nicht zielführend. Wenn dies so gewünscht worden wäre, hätte gesetzlich eine Besteuerung mit einem Wiederverkaufspreis angeordnet werden müssen. Die sich aus der Rechtsprechung des BFH[2] ergebenden Rechtsfolgen zur Entnahme von Strom sollten nicht auf jegliche Gegenstandsentnahmen selbst produzierter Wirtschaftsgüter übertragen werden. So ist z. B. bei der Entnahme eines im Unternehmen hergestellten Gegenstands in manchen Fällen eine Wiederbeschaffung auch durch einen Einkauf möglich. Umgekehrt kann auch die Wiederbeschaffung im eigenen Unternehmen geschehen, sodass kein Wiederbeschaffungspreis, sondern Wiederbeschaffungsselbstkosten anfallen. Insofern ist davon auszugehen, dass bei früherer Herstellung des entnommenen bzw. gelieferten Gegenstands im eigenen Unternehmen der Ansatz der Selbstkosten nicht nur als subsidiäre Auffangbemessungsgrundlage gegenüber dem fiktiven Einkaufspreis anzusehen ist. Ist ein fiktiver Einkaufspreis trotz größter Mühe nicht zu ermitteln, können ebenfalls die Selbstkosten angesetzt werden. Dies ergibt sich aus dem weiter gefassten Wortlaut des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG.

 

Rz. 473

Die Selbstkosten sind die jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes anfallenden Beträge, die notfalls fiktiv zu ermitteln sind. Dabei sind Selbstkosten alle durch das betriebliche Leistungsverfahren bis zum Zeitpunkt der Entnahme oder Zuwendung entstandenen Kosten, also grundsätzlich die ertragsteuerlichen Herstellungskosten. Das sind sämtliche Aufwendungen in der Form des Güterverbrauchs und der Inanspruchnahme von Dienstleistungen für die Herstellung, Verbesserung, Erweiterung des Gegenstands einschließlich der Fertigungsgemeinkosten und aller Nebenkosten. Verwaltungsgemeinkosten und ein kalkulatorischer Gewinnzuschlag zählen dagegen nicht zu den Selbstkosten.[3] § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG hat nicht den Begriff des "Selbstkostenpreises" aus Art. 74 MwStSystRL[4] übernommen. Die Selbstkosten können u. U. auch auf andere Weise durch Schätzung ermittelt werden. So hat der BFH bei der Ermittlung der Selbstkosten des gewerblichen Betriebs einer Gemeinde, der Wasser an die Gemeinde geliefert hatte, den Ansatz des um den Gewinnaufschlag geminderten Tarifpreises für zulässig gehalten.[5]

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