Rz. 9

Umsätze werden, sofern eine Gegenleistung überhaupt vorhanden ist, nach dieser besteuert. Diese Regelung war von der EG entsprechend dem deutschen Recht auch in Art. 11 der 6. EG-Richtlinie niedergelegt worden.[1] Entsprechend Art. 73 MwStSystRL[2] ist Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen "alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen".[3] Die sich aus Art. 73 MwStSystRL ergebende Definition ist zur unionsrechtlichen Anpassung zum 1.1.2019 in § 10 Abs. 1 S. 2 UStG entsprechend aufgenommen worden.[4] Die Entgeltshöhe richtet sich nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger, aus dem sich der für die Steuerbarkeit der Leistung maßgebliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ergibt. Abweichend von der früher geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH soll es auf eine finale Verknüpfung zwischen der Leistung und der Gegenleistung nicht mehr ankommen.[5] Maßgebend ist zwar ein unmittelbarer, aber kein innerer, synallagmatischer Zusammenhang. Zum Begriff des Leistungsaustausches hiernach s. u. Rz. 17.

Bei Umsätzen an Endverbraucher ist allerdings nach der Rspr. des EuGH die Gegenleistung danach anzusetzen, dass nur dasjenige der USt unterworfen werden darf, was der Endverbraucher für den Empfang der Leistung an ihn aufwendet.[6] Hinzu kam bis 31.12.2018 nach § 10 Abs. 1 S. 2 UStG a. F. allerdings noch alles, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährte.[7]

Zum 1.1.2019 ist dies in der aktuellen Fassung des § 10 Abs. 1 S. 2 UStG entsprechend berücksichtigt. Die 6. EG-Richtlinie, die MwStSystRL und der deutsche Gesetzgeber haben nicht den Wert des Umsatzes, also z. B. der Lieferung oder sonstigen Leistung, selbst als Bemessungsgrundlage gewählt, sondern diese aus guten Gründen an der Gegenleistung ausgerichtet. Zum einen besteht die Gegenleistung in der Mehrzahl der Fälle aus Geld, sodass der für die Anwendung des Steuersatzes als Grundlage erforderliche Betrag in Euro bereits vorhanden ist. Zum anderen ergibt die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem Wert der Gegenleistung grundsätzlich einen objektiveren Maßstab für den Leistenden, als dieses ein Wert der Leistungen selbst, z. B. der gemeine Wert der Leistung, leisten könnte. Auch wenn Leistung und Gegenleistung wertmäßig eindeutig nicht übereinstimmen, ist die Gegenleistung maßgebend. In Kauf genommen wird also auch eine Bemessungsgrundlage, die dem objektiven Wert der Leistung nicht entspricht.[8] Das gilt z. B. auch im Fall eines überhöhten Preises, der trotz ertragsteuerlicher Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung das Entgelt i. S. d. § 10 Abs. 1 UStG bildet und das marktübliche[9] Entgelt übersteigt. Es gilt sogar bei negativen Preisen im börsennotierten Stromhandel.[10] Auch bei Doppelzahlungen und versehentlichen Überzahlungen kommt es im Ergebnis darauf an, was der leistende Unternehmer für seine von ihm ausgeführte Leistung tatsächlich erhält.[11]

Nur ausnahmsweise werden in solchen Fällen Korrekturen angebracht, wenn die Voraussetzungen der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG erfüllt sind (Rz. 520 ff.). Allerdings liegt gem. § 10 Abs. 5 S. 2 UStG seit 1.7.2014 keine Ausnahme vor, wenn das höhere Entgelt das marktübliche Entgelt übersteigt. Auch können in solchen Fällen nichtunternehmerische Vorgänge anzunehmen sein.[12]

Eine Bemessung nach Maßgabe der Gegenleistung setzt allerdings eine solche voraus. Deswegen kommt ihr Ansatz nicht in Betracht, wenn unentgeltliche Umsätze der Besteuerung unterliegen (vgl. Rz. 453).

 

Rz. 10

In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 1a UStG[13] liegt zwar auch eine – wenn auch hier nicht steuerbare (da in dem anderen Mitgliedstaat ausgeführt) – innergemeinschaftliche Lieferung zugrunde. Steuerschuldner für den innergemeinschaftlichen Erwerb ist allerdings der Erwerber als Leistungsempfänger dieser Lieferung. Für den innergemeinschaftlichen Erwerb wird deshalb die Zahlung des Leistungsempfängers (also des Steuerschuldners) für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage herangezogen.

 

Rz. 11

Bei der Bemessung der entgeltlichen Umsätze nach der Gegenleistung einschließlich der Fälle des entgeltlichen innergemeinschaftlichen Erwerbs ist grundsätzlich das Entgelt anzusetzen. § 10 UStG sieht nicht nur in seinem Abs. 1 S. 1 das Entgelt als Bemessungsgrundlage für entgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen vor, sondern auch in den Abs. 2 und 6 für die dort jeweils angesprochenen Umsätze. Dabei ist in den Fällen des Abs. 2 jeweils ein fingiertes Entgelt ("so gilt") gewählt worden. Das ist nicht etwa deswegen geschehen, weil das Entgelt immer in Geld bestünde un...

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