Rz. 273

Wird eine Personen- oder Kapitalgesellschaft aufgelöst, besteht deren Unternehmereigenschaft grundsätzlich bis zur Lösung der letzten unternehmerischen Beziehung. Damit führt die Gesellschaft noch steuerbare Umsätze aus, bis die letzte Rechtsbeziehung abgewickelt ist, wozu auch die Beziehung der Gesellschaft zum FA gehört.[1] Auch die spätere Veräußerung von Gegenständen des Unternehmensvermögens oder die nachträgliche Vereinnahmung von Entgelten gehören noch zur Unternehmertätigkeit.[2] Auch eine Kapitalgesellschaft verliert ihre Unternehmereigenschaft nicht durch Löschung im Handelsregister.[3] Alle Umsätze im Zusammenhang mit der Auflösung einer Gesellschaft sind damit – unter den weiteren Voraussetzungen – steuerbar. Eine Ausnahme kann nur dann bestehen, wenn die Übertragung des gesamten Unternehmens oder eines Teilbetriebs als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung gegeben ist (§ 1 Abs. 1a UStG). Die Verteilung des Erlöses aus der Veräußerung von Gegenständen des Unternehmens führt weder bei den Gesellschaftern noch bei der Gesellschaft zu einer umsatzsteuerrechtlichen Konsequenz. Auch die Gesellschafter führen mit der Aufgabe ihrer Gesellschafterrechte keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne aus, darüber hinaus besteht auch kein hinreichend genau identifizierbarer Leistungsempfänger.

 

Rz. 274

Endet eine mehrgliedrige Personengesellschaft durch Ausscheiden aller Gesellschafter bis auf einen, der das Geschäft vereinbarungsgemäß mit allen Aktiven und Passiven fortführt, wachsen die Anteile der Ausscheidenden dem als Alleininhaber zurückbleibenden früheren Gesellschafter als Gesamtrechtsnachfolger zu[4], ohne dass zwischen der Gesellschaft und ihm ein steuerbarer Leistungsaustausch stattfindet.[5] Dieser Grundsatz der nichtsteuerbaren Anwachsung gilt auch dann, wenn der verbleibende Gesellschafter das Geschäft nicht selbst fortführt, sondern noch am Tage der Übernahme auf seinen Ehegatten oder einen Dritten überträgt.[6] Ein Leistungsaustausch liegt jedoch insoweit vor, als der verbleibende Gesellschafter die Ausscheidenden für die Hingabe ihrer Gesellschaftsrechte (mit Gegenständen des Betriebsvermögens oder sonstigen Sachwerten) abfindet.[7] Die vorstehenden Grundsätze finden nicht nur auf Personengesellschaften des Handelsrechts (OHG, KG) Anwendung, sondern auch auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts.[8] Wird eine mehr als zweigliedrige Personengesellschaft nach Ausscheiden eines Gesellschafters mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt, liegt wohl ein Leistungsaustausch (Abfindung gegen Aufgabe der Gesellschaftsrechte) vor.

 

Rz. 275

Dies gilt auch dann, wenn aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft der eine Gesellschafter ausscheidet und der verbleibende das Unternehmen als Einzelunternehmen fortführt. Auch hier liegt zunächst ein nichtsteuerbares Anwachsen der Anteile des Ausscheidenden beim zurückbleibenden Gesellschafter vor (keine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG). Ein Leistungsaustausch erfolgt erst bei einer Sachabfindung des Ausscheidenden.

 

Rz. 276

Wird Vermögen einer Gesellschaft an die Gesellschafter übertragen, kann es sich um die steuerbare Übertragung von Einzelgegenständen handeln, die auf ihre Steuerbarkeit und Steuerpflicht zu überprüfen sind (z. B. bei der Übertragung eines Grundstücks). Wird im Rahmen der Auflösung einer Gesellschaft ein gesamtes Unternehmen oder ein gesondert geführter Teilbetrieb auf die Gesellschafter übertragen, kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG ein nicht steuerbarer Umsatz vorliegen. Dies kann sich auch im Falle der Realteilung ergeben. Im Ergebnis ist die Übertragung von Vermögensteilen an die Gesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft nicht anders zu beurteilen, als die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern oder Teilbetrieben an fremde Dritte.[9]

 

Rz. 277

Die Entnahme des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft – sowohl bei Ausscheiden oder bei Auflösung der Gesellschaft wie auch aus anderen Gründen – kann umsatzsteuerrechtlich nicht zu einer Rechtsfolge führen, da (anders als im Ertragsteuerrecht) der Gesellschafter bezüglich des Sonderbetriebsvermögens – soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen – weiterhin als Unternehmer anzusehen ist. Soweit der Gegenstand nach der Herauslösung aus dem ertragsteuerrechtlichen Sonderbetriebsvermögen nicht mehr für unternehmerische Zwecke verwendet wird, kann aber unter den weiteren Voraussetzungen eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG der Besteuerung unterliegen.

 

Rz. 278

Eine Besonderheit kann sich bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft ergeben, die als Organgesellschaft unselbstständiger Bestandteil des Unternehmens eines anderen Unternehmens darstellt. Werden in diesem Fall einzelne Vermögensteile von der in Auflösung befindlichen Organgesellschaft an den Organträger übertragen, liegt ein steuerbarer Umsatz schon alleine deshalb nicht vor, da es sich bei dem Organkreis um ein einheitliches Unternehmen hand...

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