Rz. 207

Zwischen einer Leistung und dem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen eines zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisses, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, erbracht wurde.[1]

 

Rz. 208

Ob ein Schadensersatz oder zwischen den Beteiligten ein Leistungsaustausch vorliegt, muss immer im Einzelfall abgegrenzt werden. Eine Abgrenzung entsprechend einer verbalen Festlegung durch die Beteiligten kann dabei nicht vorgenommen werden[2], es muss jeweils in jedem Einzelfall geprüft werden, ob tatsächlich die Leistung oder Zahlung auf den Ersatz eines zugefügten Schadens gerichtet ist oder doch den Gegenwert für eine ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung darstellt. Für die Beurteilung ist maßgebend, ob eine echte Wechselbeziehung zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben ist.[3] Liegt ein Schadensersatz vor, ist eine solche Wechselbeziehung nicht gegeben, der Geschädigte hat keine willentliche Leistung (Zuwendung) an den Schädiger ausgeführt, der Schädiger wollte an den Geschädigten kein Entgelt entrichten.[4]

 

Rz. 209

Ein echter Schadensersatz liegt insbesondere dann vor, wenn eine Schadensbeseitigung durch den Schädiger oder durch einen von ihm beauftragten selbstständigen Erfüllungsgehilfen erfolgt oder wenn eine Geldentschädigung durch den Schädiger oder einen für ihn eintretenden Dritten (z. B. durch eine Versicherung) erfolgt.[5]

 

Rz. 210

Erfolgt die Schadensbeseitigung durch den Geschädigten selbst, muss unterschieden werden, ob ein echter Schadensersatz vorliegt oder ob ein sog. unechter Schadensersatz gegeben ist. Der BFH[6] hatte dazu entschieden, dass ein solcher unechter Schadensersatz vorliegt, wenn der Geschädigte den ihm zugefügten Schaden im Auftrag des Schädigers selbst beseitigt. In diesem Fall liegt zwar auch der Ersatz eines Schadens vor, gleichzeitig wird aber durch die Beauftragung und Tätigkeit des Geschädigten ein Leistungsaustausch begründet, der im Ergebnis zu einem steuerbaren Umsatz führt. Voraussetzung ist dafür aber, dass der Geschädigte selbst eine Leistung ausführt, aufgrund derer er einen Anspruch auf eine Gegenleistung hat.

 
Praxis-Beispiel

Leistungsaustausch bei unechtem Schadensersatz

Werkstattbesitzer W wird unverschuldet mit dem seinem Unternehmen zugeordneten Fahrzeug in einen Unfall verwickelt. Der Unfallverursacher beauftragt W, den ihm zugefügten Schaden selbst in seiner Werkstatt beseitigen zu lassen, der entstandene Schaden wird durch den Schädiger durch Geldzahlung ausgeglichen.

W ist zweifelsfrei ein Schaden zugefügt worden, der von dem Schädiger ersetzt wird. Gleichzeitig beauftragt der Schädiger aber auch W, den Schaden zu beseitigen und wendet hierfür etwas auf. W wird im Auftrag des Schädigers tätig. Damit liegt sowohl ein Ersatz des zugefügten Schadens, aber auch die Ausführung einer Leistung gegen Gegenleistung vor. Im Rahmen des "unechten Schadensersatzes" unterliegt der Vorgang der USt.

 

Rz. 211

Die Rechtsfolge eines Leistungsaustauschs kann sich bei dem unechten Schadensersatz aber nur dann ergeben, wenn der Geschädigte tatsächlich im Auftrag des Schädigers tätig wird, es muss für beide Beteiligten erkennbar sein, dass hier ein Auftragsverhältnis vorliegt. Eine nur stillschweigende Beauftragung wird regelmäßig nicht anzunehmen sein. Ebenfalls kein unechter Schadensersatz liegt vor, wenn der Geschädigte den Gegenstand durch einen Dritten reparieren lässt. In diesem Fall wird der Geschädigte nicht selbst tätig, es fehlt schon an einer von ihm ausgeführten Leistung. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten bittet, ihm die Rechnung zu schicken, ist darin noch keine Erteilung eines Auftrags und der Abschluss eines Vertrags zu sehen. Dies soll vielmehr die übliche Abwicklung eines Schadensfalles sein, bei dem der Geschädigte den Schaden im eigenen Interesse selbst beseitigt bzw. beseitigen lässt.[7]

 
Praxis-Beispiel

Schadensersatz bei Reparatur durch Dritten

Rechtsanwalt R wird unverschuldet mit dem seinem Unternehmen zugeordneten Fahrzeug in einen Unfall verwickelt. Der Unfallverursacher und R vereinbaren, dass R das Fahrzeug in einer Fachwerkstatt reparieren lässt, der entstandene Schaden wird durch den Schädiger durch Geldzahlung ausgeglichen.

Zwischen der Fachwerkstatt und dem R liegt ein Leistungsaustauschverhältnis vor, die Leistung der Werkstatt ist steuerbar. Soweit eine ordnungsgemäße Rechnung auf R ausgestellt wird, ist R zum Vorsteuerabzug für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung berechtigt. Zwischen dem Unfallverursacher und dem R liegt ein nicht steuerbarer Schadensersatz vor, da R keine Leistung gegenüber dem Unfallverursacher ausgeführt hat, sondern nur ein ihm zugefügter Schaden beseitigt wurde.

 

Rz. 212

Hat ein Unternehmer einen Werklieferungsvertrag abgeschlossen und wird dieser Vertrag durch Kündigung oder andere vertragliche Vereinbarung vor Ausführung der ...

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