Rz. 70

Ein steuerbarer Umsatz kann nur dann vorliegen, wenn der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht. Die Gegenleistung kann in der Zahlung eines Geldbetrags bestehen, sie kann aber auch in einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung bestehen (Tausch bzw. tauschähnlicher Umsatz nach § 3 Abs. 12 UStG). Die Gegenleistung muss bei dem Unternehmer nicht direkt in sein Unternehmen einfließen, auch wenn die Gegenleistung für die Leistung des Unternehmers nur im nichtunternehmerischen Bereich verwendbar ist (z. B. eine zugewendete Reise), kann sie Entgelt sein.[1] Auch wenn eine Gegenleistung freiwillig erbracht wird, kann ein Leistungsaustausch vorliegen (z. B. Trinkgelder an den Unternehmer).[2] Wird aber keine Vergütung vereinbart, ist eine Zahlung freiwillig und zufällig und von der Höhe her unbestimmt (hier: Drehorgelspieler, der auf öffentlichen Wegen spielt und um Geld bittet), ergibt sich keine Leistung gegen Entgelt.[3]

 

Rz. 71

Soweit kein Entgelt oder keine Entgeltserwartung vorliegt, kann sich auch kein Leistungsaustausch ergeben. Der Annahme eines Leistungsaustauschs steht nicht entgegen, dass sich die Entgelterwartung nicht erfüllt, dass das Entgelt uneinbringlich wird oder dass es sich nachträglich mindert.[4] Der leistende Unternehmer muss erkennbar um einer in Geld bewertbaren Gegenleistung Willen handeln und Entgeltserwartungsabsicht haben. Den tatsächlichen entgeltlichen Vorgängen sind die durch gesetzliche Anordnung als entgeltlich ausgeführte Leistungen gleichgestellt (z. B. § 3 Abs. 1b UStG – Wertabgaben, die Lieferungen gegen Entgelt gleichgestellt werden; § 3 Abs. 9a UStG – sonstige Leistungen die als Leistungen gegen Entgelt anzusehen sind).

 

Rz. 72

Damit ein Leistungsaustausch i. S. d. Regelung vorliegen kann, ist auf der Seite des leistenden Unternehmers ein Verhalten erforderlich, das auf den Erhalt einer Gegenleistung im Austausch gegen die erbrachte Leistung abzielt oder geeignet ist, eine Vergütung für die erbrachte Leistung auszulösen.[5] Eine solche Zweckgerichtetheit des Handelns wird im Regelfall immer dann gegeben sein, wenn die Gesamtumstände derart gestaltet sind, dass der leistende Unternehmer erkennbar nur um der Gegenleistung willen leistet. Dies gilt vergleichbar, wenn er in der erkennbaren Erwartung auf eine Gegenleistung leistet (z. B. Zusendung eines Buchs ohne Bestellung zur Ansicht mit der Bitte, bei Gefallen einen Kaufpreis zu entrichten). Wenn der Unternehmer eine Leistung ausführt, die ihrer Art nach üblicherweise vergütet wird oder die nach den Umständen eine Vergütung erwarten lässt, führt dies ebenfalls zu einer entgeltlichen Leistung. An einer Erwartungshaltung des leistenden Unternehmers fehlt es aber dann, wenn er den ernstgemeinten und sich aus den Umständen des Einzelfalls ergebenden Willen hat, für diese Leistung kein Entgelt zu nehmen und er auch die Möglichkeit der Entgegennahme einer Gegenleistung dem Leistungsempfänger gegenüber erkennbar ausgeschlossen hat. Gibt ein Unternehmer einen Gutschein in Umlauf, der dessen Besitzer berechtigt, eine Leistung des Unternehmers kostenlos in Anspruch zu nehmen, liegt i. d. R. kein entgeltlicher Leistungsaustausch vor.[6] Eine nicht erwartete Gegenleistung (z. B. Gegengeschenk für eine unentgeltliche Zuwendung) macht einen Vorgang nicht zu einem entgeltlichen Leistungsaustausch.[7] Ebenfalls liegt keine Gegenleistung i. S. d. Regelung vor, wenn die Gegenleistung nicht in Geld zu bewerten ist.

 

Rz. 72a

Grundsätzlich setzt eine Leistung gegen Entgelt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.[8] Deshalb war es strittig, in welchem Umfang Preisgelder zu einem steuerbaren Umsatz führen können. Der BFH[9] war früher davon ausgegangen, dass die als Belohnung i. S. d. § 657 BGB für das erfolgreiche Teilnehmen an Pferderennen empfangenen Rennpreise Entgelte für eine von dem Rennstallbesitzer erbrachte sonstige Leistung sind. Entgegen der früher national vertretenen Rechtsauffassung hatte allerdings der EuGH[10] entschieden, dass die Überlassung eines Pferds durch einen Unternehmer an den Veranstalter eines Pferderennens zwecks Teilnahme des Pferds an diesem Rennen keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung darstellt, wenn für sie weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur die Eigentümer der Pferde mit einer erfolgreichen Platzierung in dem Rennen ein Preisgeld erhalten. Die Teilnahme an dem Wettbewerb stellt aber dann eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung des Pferds in dem Rennen unabhängige Vergütung zahlt. Der BFH[...

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