1 Zwischenentscheidungen

 

Rz. 1

Zwischenentscheidungen können über Vorfragen vorab endgültig entscheiden. Diesen Entscheidungen ist gemeinsam, dass in ihnen nicht über den Streitgegenstand oder Teile von diesem entschieden wird[1], sondern nur über Vorfragen. Zwischenentscheidungen schließen das Verfahren also nicht ab. Man unterscheidet selbstständige, d. h. selbstständig mit Rechtsmitteln angreifbare, und unselbstständige, d. h. nur zusammen mit dem Endurteil angreifbare, Zwischenentscheidungen.

[1] Vgl. dazu das Teilurteil gem. § 98 FGO; zu den verschiedenen Urteilsarten allgemein § 95 FGO.

1.1 Selbstständige Zwischenentscheidungen

 

Rz. 2

Zu den selbstständig mit Rechtsmitteln anfechtbaren Entscheidungen gehören die Zwischenurteile über die Zulässigkeit der Klage[1], über den Grund eines Anspruchs[2] und über entscheidungserhebliche Vorfragen[3], gegen die Revision möglich ist. Auch Zwischenurteile über die Berechtigung, das Zeugnis oder die Begutachtung zu verweigern[4], können selbstständig, allerdings mit der Beschwerde[5], angefochten werden.

[5] Lange, in HHSp, AO/FGO, § 97 FGO Rz. 53.

1.2 Unselbstständige Zwischenentscheidungen

 

Rz. 3

Dabei handelt es sich um nicht selbstständig, also nur zusammen mit dem Endurteil, angreifbare Zwischenurteile nach § 155 FGO i. V. m. § 303 ZPO, die lediglich die jeweilige Instanz binden.[1] Im finanzgerichtlichen Verfahren kommen dafür allenfalls in Betracht Zwischenurteile über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand[2], die Zulässigkeit einer Klageänderung[3], die Wirksamkeit einer Klagerücknahme und die Wirksamkeit der Erledigungserklärung der Hauptsache.[4] In der Praxis bleibt der Streit, ob § 97 FGO auch diese Fälle erfasst[5], ohne Auswirkung. Denn einhellig sind diese Entscheidungen nicht selbstständig anfechtbar, unabhängig von der Frage, ob das Zwischenurteil nach § 97 FGO oder nach § 155 FGO i. V. m. § 303 ZPO ergeht.

[1] § 155 FGO i. V. m. § 318 ZPO; Schmidt-Troje, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 97 FGO Rz. 3.
[2] § 56 Abs. 4 FGO; vgl. auch BFH v. 18.5.2006, III R 47/05, BFH/NV 2006, 2082 zur Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch ein Zwischenurteil nach §§ 121, 97 FGO im Revisionsverfahren.
[4] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 97 FGO Rz. 2; v. Groll, in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 97 Rz. 3.
[5] So Lange, in HHSp, AO/FGO, § 97 FGO Rz. 48.

2 Zwischenurteil über die Zulässigkeit

2.1 Gegenstand der Entscheidung

 

Rz. 4

Nach § 97 FGO kann ein Zwischenurteil allein über die Zulässigkeit der Klage ergehen. Nach allgemeiner Meinung ist der Begriff Zulässigkeit weit auszulegen, sodass über das Vorliegen sämtlicher Sachurteilsvoraussetzungen durch Zwischenurteil endgültig entschieden werden kann.[1] Dies gilt allerdings nicht in den von § 70 FGO i. V. m. § 17a GVG geregelten Fällen (Unzulässigkeit des Rechtswegs, sachliche oder örtliche Unzuständigkeit). In diesen Fällen ist der Rechtsstreit durch Beschluss an ein anderes Gericht zu verweisen.

Nur wenn die Zulässigkeit bejaht wird, kann ein Zwischenurteil ergehen. Fehlt eine Zulässigkeitsvoraussetzung, ist die Klage durch Endurteil abzuweisen.[2]

Entsprechendes gilt für das Revisionsverfahren, bei dem ein Zwischenurteil, wonach die Revision unzulässig ist, nicht ergehen darf. Ist die Revision hingegen zulässig, kann darüber durch Zwischenurteil gem. §§ 97, 121 FGO entschieden werden. Der BFH kann auch über die Zulässigkeit einer Beschwerde durch einen Zwischenbeschluss vorab entscheiden.[3]

 

Rz. 5

Nach der Rspr.[4] und ihr folgend der Lit. zur FGO[5] müssen in einem Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage trotz des Wortlauts des § 97 FGO nicht sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen geprüft werden, sondern es soll auch ein Zwischenurteil über das Vorliegen nur einer Zulässigkeitsvoraussetzung möglich sein. Die überwiegende Auffassung kann allerdings die Folge haben, dass im Endurteil die Klage doch noch als unzulässig abgewiesen werden kann. Abgesehen davon, dass ein solches Verfahren wenig prozessökonomisch ist – man denke an mehrere Zwischenurteile hintereinander, womöglich durch zwei Instanzen über einzelne Zulässigkeitsvoraussetzungen – und bei den Beteiligten auf wenig Verständnis stoßen dürfte, entstehen Probleme bei der Rechtskraft solcher Urteile. Diese lassen sich allerdings minimieren, wenn nicht der übliche Urteilstenor "Die Klage ist zulässig"[6] verwendet wird, sondern ein eingeschränkter Tenor, der sich auf die jeweilige Sachurteilsvoraussetzung bezieht, etwa "Die Klage ist rechtzeitig erhoben worden".[7] M. E. spricht daher einiges dafür, ein Zwischenurteil nur in solchen Fällen zu erlassen, in denen über sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen entschieden wird. § 99 Abs. 2 FGO lässt dagegen, wenn die Parteien nicht widersprechen, ein Zwischenurteil auch über einzelne Sach- oder Rechtsfragen zu[8], sodass die Streitfrage für die Praxis an Bedeutung verlieren dürfte.

[1] v. Groll, in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 97 Rz. 4 m. w. N.; Lange, in HHSp, AO/FGO, § 97 FGO Rz. 5; Beispiele bei ...

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