Rz. 4

Ein förmlicher Beweisbeschluss mit dem Inhalt des § 359 ZPO ist immer zulässig. Erforderlich ist er aber nur, wenn das gesetzlich vorgeschrieben ist[1] oder wenn die Beweisaufnahme ein besonderes Verfahren, d. h. einen besonderen Termin, erfordert[2]. Auch die Zurückweisung eines Beweisantrags bedarf grundsätzlich keines besonderen Beschlusses. Das Gericht ist befugt, das Absehen von der Beweisaufnahme in dem Urteil selbst zu begründen[3].

Wird die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung durchgeführt, wie es das Gesetz als Regelfall vorsieht[4], genügt eine prozessleitende Anordnung durch formlosen Beschluss in der mündlichen Verhandlung, der zu protokollieren ist[5]. Das setzt allerdings voraus, dass die Beweismittel präsent sind. Wird wegen der notwendigen Beweisaufnahme die mündliche Verhandlung vertagt oder wieder eröffnet, ist ein förmlicher Beweisbeschluss nach §§ 358, 359 ZPO erforderlich. I. d. R. sollte ein Beweisbeschluss jedoch vor der mündlichen Verhandlung erlassen werden (s. Rz. 6).

 

Rz. 5

Der Beweisbeschluss ergeht in der Besetzung mit oder ohne ehrenamtliche Richter, je nachdem, ob er innerhalb oder außerhalb der mündlichen Verhandlung gefasst wird[6]. Auch der nach § 6 FGO tätige Einzelrichter und der Vorsitzende oder Berichterstatter im Fall von § 79 Abs. 3 FGO oder § 79a Abs. 3 FGO erlassen Beweisbeschlüsse. Eine Begründung ist nicht erforderlich[7]. Ein Rechtsmittel ist nicht gegeben[8], auch nicht gegen Änderungen und Berichtigungen von Beweisbeschlüssen[9]. Verfahrensverstöße können nur innerhalb des Rechtsmittels gegen die Endentscheidung geltend gemacht werden, wobei zu beachten ist, dass der Verlust des Rügerechts eintreten kann[10].

 

Rz. 6

Gemäß § 358a S. 1 ZPO kann das Gericht schon vor der mündlichen Verhandlung einen Beweisbeschluss erlassen. Dies sollte im finanzgerichtlichen Prozess die Regel sein, da der Vorsitzende oder Berichterstatter den Rechtsstreit so vorbereiten sollte, dass dieser möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen ist[11].

 

Rz. 7

Durch § 358a S. 2 ZPO wird die in § 81 Abs. 2 FGO vorgesehene Möglichkeit, eine Beweisaufnahme schon vor der mündlichen Verhandlung nicht nur durch den verordneten Richter[12], sondern durch den vollen Senat vorzunehmen, erweitert. Sind z. B. die Möglichkeiten des Berichterstatters oder des Vorsitzenden durch § 79 Abs. 3 FGO eingeschränkt, kann nach § 358a S. 2 ZPO der Senat vor der mündlichen Verhandlung tätig werden. § 358a S. 2 Nr. 1 ZPO ist mit § 81 Abs. 2 FGO inhaltlich identisch. Ein Beweisbeschluss des Senats ist jeweils erforderlich. Der Streit, ob § 81 Abs. 2 FGO lex specialis zu § 82 FGO i. V. m. § 358a S. 2 Nr. 1 ZPO ist oder ob diese Vorschriften in nicht verdrängender Gesetzeskonkurrenz stehen, ist daher praktisch nicht erheblich[13].

 

Rz. 8

§ 359 Nr. 1 und 2 ZPO sind im finanzgerichtlichen Verfahren zu beachten. Das Beweisthema[14] ist im Beschluss substantiiert anzugeben. Soll Beweis durch Sachverständigen erhoben werden, sind der zu begutachtende Sachverhalt und die für unbestimmte Rechtsbegriffe maßgeblichen Tatsachen anzugeben[15]. Es ist darauf zu achten, dass nicht über Rechtsbegriffe, sondern über Tatsachen Beweis erhoben wird. Beweisthema und Beweismittel sind auch dann zu bezeichnen, wenn das Gericht unstreitige Tatsachen für klärungsbedürftig hält. Die Bezeichnung des Beweisführers[16] kann wegen des Untersuchungsgrundsatzes im finanzgerichtlichen Verfahren unterbleiben.

 

Rz. 9

Die Parteien haben keinen Anspruch auf Aufhebung oder Änderung des Beweisbeschlusses gem. § 360 ZPO, auch nicht auf seine Durchführung. Das Gericht ist an einen einmal gefassten Beweisbeschluss nicht gebunden. Er enthält keine bindende Entscheidung des Gerichts über die Erheblichkeit einer Tatsache. Es kann ihn jederzeit aufheben oder auch über das beschlossene Beweisthema hinaus ändern oder ergänzen, wenn dies sachdienlich erscheint, da das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt[17]. Dies kann auch außerhalb der mündlichen Verhandlung[18] und ohne Zustimmung der Beteiligten[19] erfolgen. Die Änderungsbefugnis steht auch dem verordneten Richter zu[20]. Wegen des Anspruchs auf rechtliches Gehör sollten die Beteiligten vor jeder Änderung oder Aufhebung angehört und von der Änderung oder Aufhebung unverzüglich benachrichtigt werden[21], damit sie ihr weiteres prozessuales Verhalten auf die neue Lage einstellen können.

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