1 Allgemeines

1.1 Regelungsgehalt

 

Rz. 1

Die Vorschrift schließt den Abschnitt "Kosten" ab und führt insoweit unsystematisch folgende unabhängige Regelungsbereiche zu den Kosten der Vollstreckung zusammen:

1.2 Begriffe

1.2.1 Kosten

 

Rz. 2

Kosten i. S. v. § 346 AO sind die von der Behörde zu erhebenden Kosten der Vollstreckung, also die Gebühren und die der Behörde zu erstattenden Auslagen nach § 337 ff. AO. Nicht von der Vorschrift erfasst sind dagegen die (vergeblichen) Aufwendungen des Vollstreckungsschuldners. Diese Aufwendungen können allenfalls unter den Voraussetzungen einer Amtspflichtverletzung auf dem Zivilrechtsweg als Schadensersatz geltend gemacht werden.

1.2.2 Kostenerhebung/Kostenansatz

1.2.2.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Die Vorschrift verwendet mit den Begriffen Kostenerhebung in Abs. 1 und Kostenansatz in Abs. 2 Begriffe, die von der allgemeinen Begriffsterminologie des Verfahrensrechts abweichen. Ausgangspunkt für die Bestimmung der Begriffsinhalte muss sein, dass die Geltendmachung des materiellen Kostenanspruchs, wie die Geltendmachung der sonstigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, in drei Verfahrensabschnitten erfolgt[1] .

Grundlage ist die Kostenfestsetzung, die im Sprachgebrauch auch als Kostenberechnung bezeichnet wird.[2] Hieran schließt sich die Kostenerhebung i. e. S. an, d. h. die Fälligstellung des festgesetzten Kostenanspruchs.[3] Letzter Verfahrensabschnitt ist das Vollstreckungsverfahren hinsichtlich der fälligen Vollstreckungskosten, wenn diese nicht freiwillig entrichtet werden.[4]

[1] s. hierzu Vor §§ 78–133 AO Rz. 30.

1.2.2.2 "Kostenerhebung" i. S. v. § 346 Abs. 1 AO

 

Rz. 4

Unter Berücksichtigung des Sinngehalts des § 346 Abs. 1 AO, dass dem Kostenpflichtigen nicht die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln verursachten Kosten auferlegt werden dürfen (s. Rz. 9), kann Kostenerhebung i. S. v. § 346 Abs. 1 AO nur das gesamte Verfahren zur Geltendmachung des Kostenanspruchs betreffen. Der Begriffsinhalt beschränkt sich also nicht auf den verfahrensrechtlichen Abschnitt des Erhebungsverfahrens (Kostenerhebung i. e. S.).

1.2.2.3 "Kostenansatz" i. S. v. § 346 Abs. 2 AO

 

Rz. 5

Demgegenüber ist der Kostenansatz i. S. v. § 346 Abs. 2 AO nur die eigentliche Kostenfestsetzung.[1] § 346 Abs. 2 S. 1 AO bestimmt also die Kostenfestsetzungsfrist .[2] Die Kostenerhebung i. e. S., d. h. die Fälligstellung des festgesetzten Anspruchs sowie dessen Vollstreckung, können bis zum Eintritt der Zahlungsverjährung[3] auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen.

[1] s. § 337 AO Rz. 8; ebenso Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 346 AO Rz. 24.

2 Unrichtiger Sachbehandlung i.S.v. § 346 Abs. 1 AO

2.1 Allgemeines

 

Rz. 6

Nach § 346 Abs. 1 AO dürfen entstandene Vollstreckungskosten nicht erhoben werden, wenn diese bei richtiger Behandlung der Sache durch die Vollstreckungsbehörde nicht entstanden wären. Dieser Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde, dass die durch die Vollstreckungsbehörde veranlasste unrichtige Sachbehandlung nicht zulasten des Vollstreckungsschuldners gehen darf. Dies ist ein allgemeiner Grundsatz des Kostenverfahrensrechts, wie er auch in anderen kostenrechtlichen Bestimmungen, z. B. §§ 21 GKG, 16 Abs. 1 KostO oder 7 GvKostG, kodifiziert ist[1]. Demgemäß gilt der Grundsatz nicht nur für die Vollstreckungskosten, sondern die Bestimmung des § 346 Abs. 1 AO ist auch für die sonstigen von der Finanzbehörde zu erhebenden Kosten entsprechend anzuwenden.[2]

 

Rz. 7

Die unrichtige Sachbehandlung durch die Vollstreckungsbehörde wirkt sich auf das gesamte Kostenerhebungsverfahren aus. Stellt sich zu irgendeinem Zeitpunkt im Verfahren zur Geltendmachung des Kostenanspruchs die "unrichtige Sachbehandlung" heraus, so darf das Verfahren nicht fortgeführt werden. Ist der Kostenanspruch in diesem Zeitpunkt noch nicht festgesetzt, so muss die Kostenfestsetzung unterbleiben. Liegt diese bereits vor, ist aber der Kostenanspruch noch nicht fällig, so darf die Kostenerhebung i. e. S. nicht durchgeführt werden. Ist im Zeitpunkt des Erkennens der "unrichtigen Sachbehandlung" der Kostenanspruch festgesetzt und fällig, so hat nunmehr die Vollstreckung zu unterbleiben. Ist der Kostenanspruch zu diesem Zeitpunkt bereits freiwillig erfüllt oder im Vollstreckungsweg beigetrieben worden, so besteht für den Vollstreckungsschuldner ein Anspruch auf Erstattung der Vollstreckungskosten.

 

Rz. 8

Die Regelung des § 346 Abs. 1 AO ist für die Finanzbehörde zwingend. Der Vollstreckungsschuldner hat also einen Rechtsanspruch[3] auf

  • Nichterhebung der Kosten;
  • Berichtigung, Rücknahme oder Widerruf der unrichtigen Kostenfestsetzung;
  • Erstattung, soweit die Kosten bereits eingezogen oder vollstreckt worden sind.

2.2 Unrichtige Sachbehandlung

2.2.1 Behandlung der Sache

 

Rz. 9

Grundlage der Regelung des § 346 Abs. 1 AO ist...

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