1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung des § 309 AO war § 361 RAO.[1] Die entsprechende Norm für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht ist § 829 ZPO, der allerdings weitere Bestimmungen enthält, die sich aus den Unterschieden zwischen dem Vollstreckungsrecht nach der AO und dem zivilprozessualen Vollstreckungsrecht nach der ZPO erklären.[2] Ergänzende Ausführungen zu § 309 AO finden sich in Abschn. 41 VollstrA v. 13.3.1980.[3] Die Bedeutung der Norm liegt darin, dass sie spezielle Bestimmungen für die Pfändung einer Geldforderung enthält.[4] Für eine solche Pfändung ist eine schriftliche Pfändungsverfügung erforderlich, deren genauer Inhalt in § 309 Abs. 2 S. 2 AO geregelt ist. Darüber hinaus gibt es weitere gesetzliche Regelungen für bestimmte Arten von Forderungen. So ist für durch Hypotheken gesicherte Forderungen § 310 AO zu beachten, für die Pfändung von Forderungen, die durch eine Schiffshypothek oder ein Registerpfandrecht an einem Luftfahrzeug gesichert sind, § 311 AO. Durch Verweisungen in den § 318 Abs. 1 AO und § 321 Abs. 1 AO findet § 309 AO auch Anwendung bei der Vollstreckung in andere Vermögensgegenstände als Geldforderungen. § 309 Abs. 3 AO dient durch den Verweis auf §§ 833a und 910 ZPO der Anwendung der Bestimmungen zur Reform des Kontopfändungsschutzes auch im Vollstreckungsverfahren nach der AO.[5]

Der Verweis auf § 910 ZPO wurde hierbei mit Wirkung zum 1.12.2021 durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes[6] in § 309 Abs. 3 AO eingefügt.

[1] Zur Entwicklungsgeschichte s. Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 1ff.
[2] Flockenhaus, in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 829 ZPO Rz. 2ff.
[3] BStBl I 1980, 112.
[4] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 10.
[5] Gesetz v. 7.7.2009, BGBl I 2009, 1707, BStBl I 2009, 872.
[6] Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG), BGBl I 2020, 2466.

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Geldforderung

 

Rz. 2

§ 309 AO gilt nur für die Pfändung einer Geldforderung.[1] Eine Forderung oder ein Anspruch ist das aus einem privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis resultierende Recht des Gläubigers auf eine Leistung, also ein Tun oder ein Unterlassen des Schuldners.[2] Diese Forderung muss auf Geld ausgerichtet sein, was bedeutet, dass die geschuldete Leistung in Geld zu erbringen ist. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um ein inländisches oder ausländisches Zahlungsmittel handelt.[3] Es muss aber ein gesetzliches Zahlungsmittel sein. Unter den Begriff der Geldforderung fallen auch Ansprüche aus Lebensversicherungen.[4] Zu Einzelfragen s. Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 33ff.

[1] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 309 Rz. 2.
[2] Vgl. §§ 194, 241 BGB.
[3] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 22.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 309 AO Rz. 1; Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 52f.

2.2 Drittschuldner

 

Rz. 3

Die Vollstreckungsbehörde[1] pfändet nach dem Wortlaut des § 309 AO für den Vollstreckungsgläubiger[2] wegen einer Geldforderung eine Geldforderung des Vollstreckungsschuldners[3], die dieser gegen einen Dritten hat. Dieser Dritte, der also Schuldner des Vollstreckungsschuldners ist, wird im Vollstreckungsrecht als Drittschuldner bezeichnet. Zur Rechtsstellung des Drittschuldners s. im Einzelnen Rz. 34ff.

[1] Zum Begriff s. Kommentierung bei Dißars, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, zu § 249 AO.
[2] S. § 252 AO.
[3] S. § 253 AO.

3 Pfändungsverfahren

3.1 Verfahrensablauf

 

Rz. 4

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 309 AO hat die Vollstreckungsbehörde eine Pfändungsverfügung zu erlassen.[1] In der Vollstreckungsbehörde ist organisatorisch hierfür der Innendienst zuständig, der insoweit die Funktion des Vollstreckungsgerichts im zivilprozessualen Vollstreckungsverfahren innehat. Der Pfändung nachfolgend ist die Verwertung der Forderung. Diese erfolgt in der in §§ 314, 317 AO bestimmten Art und Weise. Die Anhörung des Vollstreckungsschuldners vor dem Erlass der Pfändungsverfügung ist nicht erforderlich.[2] Anders als in § 834 ZPO wird die Anhörung aber auch nicht ausdrücklich untersagt[3]; ob eine solche durchgeführt wird, liegt im Ermessen der Finanzbehörde. Die Pfändungsverfügung wird dem Drittschuldner zugestellt und dem Vollstreckungsschuldner mitgeteilt. Erst mit der Zustellung ist die Pfändungsverfügung bewirkt.

[1] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 309 Rz. 7.
[2] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 28.
[3] Vgl. Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 834 ZPO Rz. 2.

3.2 Angebliche Forderung

 

Rz. 5

Beim Erlass der Pfändungsverfügung ist die Vollstreckungsbehörde nicht verpflichtet, das tatsächliche Bestehen der zu pfändenden Forderung zu überprüfen.[1] Sie hat auch nicht zu überprüfen, ob eine Abtretung der Forderung erfolgt ist.[2] Sie erlässt die Pfändungsverfügung somit quasi blind, da nur die angebliche Forderung gepfändet wird. Die Wirksamkeit der Pfändung ist deshalb zum Zeitpunkt des Ergehens der Pfändungsverfügung ungewiss. Diese Ungewissheit wird regelmäßig erst in dem Zeitpunkt beseitigt, in dem der Drittschuldner seiner ihm nach § 316 AO obliegenden Erklärungsverpflichtung nachko...

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