Rz. 16

§ 784 ZPO (Zwangsvollstreckung bei Nachlassverwaltung und -insolvenzverfahren)

(1) Ist eine Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, so kann der Erbe verlangen, dass Maßregeln der Zwangsvollstreckung, die zugunsten eines Nachlassgläubigers in sein nicht zum Nachlass gehörendes Vermögen erfolgt sind, aufgehoben werden, es sei denn, dass er für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet.

(2) Im Falle der Nachlassverwaltung steht dem Nachlassverwalter das gleiche Recht gegenüber Maßregeln der Zwangsvollstreckung zu, die zugunsten eines anderen Gläubigers als eines Nachlassgläubigers in den Nachlass erfolgt sind.

§ 784 ZPO ermöglicht es dem Erben, die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen zu verlangen, wenn diese für einen Nachlassgläubiger in das nicht zum Nachlass gehörende Vermögen durchgeführt worden sind und die Nachlassverwaltung angeordnet oder ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet worden ist. Erfasst werden von der Vorschrift damit solche Fälle, in denen mit der Nachlassverwaltung oder dem Nachlassinsolvenzverfahren nach der Vollstreckungsmaßnahme – bspw. weil Nachlass und persönliches Vermögen (Eigenvermögen) bereits durch die Annahme der Erbschaft zusammengewachsen sind – begonnen wurde. Hat die Vollstreckung zum Zeitpunkt der Nachlassverwaltung oder dem Nachlassinsolvenzverfahren noch nicht begonnen, ist die Haftungsbeschränkung nach § 265 AO i. V. m. §§ 781, 782 ZPO geltend zu machen.[1] Ebenfalls nach dieser Vorschrift können die in Abschn. 31 Abs. 1 VollstrA aufgeführten Einwendungen geltend gemacht werden.[2] Von der Aufhebungsmöglichkeit ausgenommen ist der Fall, in dem der Erbe bereits für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet.[3] § 784 Abs. 2 ZPO eröffnet auch dem Nachlassverwalter auf seinen Antrag hin die Möglichkeit die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen von Nichtnachlassgläubigern in den Nachlass zu bewirken, sofern mit der Vollstreckungsmaßnahme vor der Anordnung der Nachlassverwaltung begonnen wurde. Erbe bzw. Nachlassverwalter sind Dritte i. S. d. § 262 Abs. 1 S. 1 AO. Sie können die Aufhebung im Weg der Widerspruchsklage gem. § 262 AO geltend machen.

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 265 AO Rz. 31; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 265 AO Rz. 20.
[2] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 265 Rz. 22; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 265 AO Rz. 34ff.

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