Rz. 5

§ 779 ZPO (Fortsetzung der Zwangsvollstreckung nach dem Tod des Schuldners)

(1) Eine Zwangsvollstreckung, die zur Zeit des Todes des Schuldners gegen ihn bereits begonnen hatte, wird in seinen Nachlass fortgesetzt.

(2) Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nötig, so hat, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen oder wenn der Erbe unbekannt oder es ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers dem Erben einen einstweiligen besonderen Vertreter zu bestellen. Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn ein Nachlasspfleger bestellt ist oder wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht.

Hat die Vollstreckung gegen den Erblasser schon zu dessen Lebzeiten in dessen Vermögen (jetzt: Nachlass) begonnen, kann die Vollstreckung in diese Vermögensmasse gem. § 779 ZPO uneingeschränkt fortgesetzt werden. Hierbei ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Die Regelung des § 779 ZPO beschränkt sich nicht auf beim Erbfall bereits begonnene Vollstreckungsmaßnahmen, sondern erlaubt auch die Einleitung neuer und weiterer Vollstreckungsmaßnahmen.[1] Soweit die Zwangsvollstreckung – als Ganzes – bereits begonnen hat, ist daher auch die Vollstreckung in andere Nachlassgegenstände, in die bislang nicht vollstreckt wurde, statthaft.[2] Begonnen hat die Zwangsvollstreckung, wenn einzelne Maßnahmen nach außen erkennbar eingeleitet worden sind.[3]

 

Rz. 6

Im Fall des § 779 Abs. 2 ZPO kann, wenn – bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nötig ist und – die Erbschaft noch nicht angenommen oder der Erbe ungewiss ist, die Vollstreckung erst fortgesetzt werden, wenn ein einstweiliger besonderer Vertreter[4] bestellt ist. Vollstreckungshandlungen, die die Zuziehung des Schuldners notwendig machen, sind z. B. Pfändungsmaßnahmen i. S. d. §§ 286 Abs. 3, 288, 307 Abs. 1 S. 2, 309 Abs. 1 S2AO.[5] Der einstweilige besondere Vertreter ist vom Amtsgericht, in dessen Bezirk vollstreckt werden soll, als Vollstreckungsgericht zu bestellen.[6] Da bei Bestellung eines Nachlasspflegers nach § 1961 BGB oder eines Testamentsvollstreckers die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 265 AO i. V. m. § 779 Abs. 2 S. 2 ZPO ausscheidet, wird die Vollstreckungsbehörde ggf. vorrangig einen Antrag beim Nachlassgericht auf Bestellung eines Nachlasspflegers stellen.

[1] Klein/Werth, AO, 16. Aufl. 2022, § 265 Rz. 12; Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 265 AO Rz. 16; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 265 AO Rz. 14; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 265 AO Rz. 6.
[3] Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 265 AO Rz. 19; Klein/Werth, AO, 16. Aufl. 2022, § 265 AO Rz. 12; s. a. Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 249 AO Rz. 11ff.
[4] Hierzu eing. Schmidt/Brinkmann, in MüKo ZPO, 6. Aufl. 2020, § 779 ZPO Rz. 10; BGH v. 23.09.2009, V ZB 60/09, BGHZ 182, 293, Haufe-Index HI2249862.
[5] Klein/Werth, AO, 16. Aufl. 2022, § 265 Rz. 12; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 265 Rz. 4; Zeller-Müller in Gosch, AO/FGO, § 265 AO Rz. 20.
[6] Vgl. Abschn. 30 Abs. 2 S. 3 VollstrA; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 265 AO Rz. 8; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 265 Rz. 4.

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