Rz. 48

Nach § 69 Abs. 6 S. 2 FGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung der AdV-Entscheidung wegen veränderter oder im ursprünglichen AdV-Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Nach § 69 Abs. 6 S. 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache auch von Amts wegen den AdV-Beschluss aufheben oder ändern (vgl. hierzu Rz. 72ff.). Der AdV-Beschluss erwächst lediglich in formelle, nicht aber in materielle Rechtskraft.[1] Hieraus resultiert die inhaltliche Änderbarkeit des AdV-Beschlusses und auch die Möglichkeit, den AdV-Antrag zu wiederholen, wenn er abgelehnt worden ist.[2] Dies gilt auch, wenn das FG die AdV rechtskräftig abgelehnt hat[3], weil die Zugangsvoraussetzungen für den gerichtlichen AdV-Antrag nicht gegeben waren.[4]

Ein Antrag auf Wiederaufnahme des AdV-Verfahrens nach § 134 FGO ist nicht zulässig.[5]

Für den AdV-Änderungsantrag bzw. den wiederholten AdV-Antrag besteht nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn veränderte Umstände oder neue Beweismittel vorgetragen werden.[6] Derartige Umstände liegen dann vor, wenn entweder nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Gegebenheiten den Fall in tatsächlicher Hinsicht in einem neuen Licht erscheinen lassen.[7] Veränderte Umstände i. d. S. sind nur solche, die eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts oder der maßgebenden Rechtslage bewirken können.[8] Ist die Sach- und Rechtslage unverändert, so ist ein erneuter AdV-Antrag nicht statthaft.[9] Eine neue Begründung in diesem Sinn liegt nicht vor, wenn das bisherige Vorbringen nur vertieft oder erweitert wird.[10]

Neue vom Antragsteller vorgetragene rechtliche Gesichtspunkte sind keine veränderten "Umstände" i. d. S.,[11] wohl aber eine zwischenzeitliche höchstrichterliche Rspr.[12] oder eine Vorlageentscheidung an den EuGH[13] oder wenn eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist.[14] Ansonsten siehe auch Rz. 72.

[1] Gräber/Stapperfend, FGO, 9. Aufl. 2019, § 69 Rz. 278; .Bartone, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 69 FGO Rz. 29.
[6] Gräber/Stapperfend, FGO, 9. Aufl. 2019, § 69 Rz. 276; BFH v. 2.6.2005, III S 12/05, BFH/NV 2005, 1834; BFH v. 24.2.2005, VIII B 216/03, BFH/NV 2005, 1328; für die nachträgliche Vollmachtserteilung BFH v. 18.9.1996, I B 39/96, BFH/NV 1997, 247.
[7] BFH v. 26.9.2008, VIII B 37/08, Haufe-Index 2090134; Gräber/Stapperfend, FGO, 9. Aufl. 2019, § 69 Rz. 276.
[8] FG Düsseldorf v. 25.4.2006, 4 V 1291/06 A(VTa,Z,EU), EFG 2006, 999.
[10] FG Münster v. 27.10.1977, V 2006/77 L-A, EFG 1978, 92.
[11] Hessisches FG v. 11.10.1990, 10 V 3789/88, EFG 1991, 141; FG München v. 19.8.2003, 13 V 2587/03, Haufe-Index 976919.

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