Rz. 54

Die unbefristet erteilte Prozessvollmacht ist bis zu ihrem Erlöschen wirksam. Die Vollmacht wird insbesondere nicht aufgehoben durch:

  • den Tod des Vollmachtgebers[1]. Die Vollmacht behält auch im Verhältnis zu den Erben in einem Rechtsstreit ihre Wirkung, sodass eine Verfahrensunterbrechung nicht erfolgt[2]. Der Erbe tritt unmittelbar in den Rechtsstreit ein[3].
  • den Verlust der Prozessfähigkeit[4] des Vollmachtgebers[5].
  • die Veränderung der gesetzlichen Vertretung des Vollmachtgebers[6]. Hierbei ist es unerheblich, ob die Veränderung vor oder nach Eintritt der Anhängigkeit des Verfahrens (§ 66 FGO Rz. 1) erfolgt[7].

Nach einer Aussetzung des Verfahrens aufgrund dieser Veränderungen (§ 74 FGO Rz. 39) hat der Bevollmächtigte, wenn er nun für den Rechtsnachfolger tätig wird, dessen Vollmacht beizubringen[8].

Die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten erlischt mit:

 

Rz. 55

  • der Insolvenz des Vollmachtgebers. Grundsätzlich verliert der Insolvenzschuldner nach § 80 Abs. 1 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch ein deutsches Gericht[9] die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Gleichzeitig geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Im Prozess hat der Insolvenzverwalter kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Schuldners. Dieser ist nicht prozessführungsbefugt[10]. Nach § 117 Abs. 1 InsO erlischt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine vom Schuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht[11], soweit nicht die Voraussetzungen für eine Notgeschäftsführung i. S. d. § 115 Abs. 2 InsO vorliegen[12]. Bei der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters gilt dies jedoch nur, wenn das Insolvenzgericht ein allgemeines Verfügungsverbot[13] erteilt, weil nur dann die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen nach § 22 Abs. 1 S. 1 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht[14].
 

Rz. 56

  • der endgültigen Beendigung des Verfahrens, für das die Vollmacht erteilt worden ist, einschließlich des Nebenverfahrens[15]. Bei einer nur für bestimmte Prozesshandlungen erteilten Vollmacht (Rz. 52) ist mit der Vornahme der Handlung der Vollmachtszweck erreicht und diese erloschen[16].
 

Rz. 57

  • dem Widerruf (Rz. 25) der Vollmacht in dem Zeitpunkt, in dem dieser dem Gericht angezeigt worden ist[17] oder in der mündlichen Verhandlung bzw. der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt wird. Der Mandatsentzug berührt als interner Vorgang nur die Geschäftsführungsbefugnis (Rz. 15), nicht die prozessuale Vertretungsbefugnis[18]. Der Widerruf muss eindeutig erklärt werden[19].

    Vor dem Wirksamwerden des Widerrufs vorgenommene Verfahrenshandlungen des Bevollmächtigten bleiben uneingeschränkt wirksam[20]. Die Vertretungsbefugnis erlischt nur für die Zukunft[21].

 

Rz. 58

  • der Mandatsniederlegung, die – entsprechend dem Widerruf (Rz. 57) – erst mit der Anzeige bei Gericht wirksam wird[22]. Sie wirkt nur für die Zukunft. Prozesshandlungen, die vor der Anzeige der Mandatsniederlegung erfolgt sind, bleiben wirksam[23]. Auch nach der Mandatsniederlegung ist der Bevollmächtigte befugt, für den Vollmachtsgeber so lange zu handeln, bis dieser für die Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise gesorgt hat[24].
 

Rz. 59

  • dem Tod des Bevollmächtigten[25]. Im finanzgerichtlichen Verfahren tritt der Beteiligte ohne Unterbrechung des Verfahrens an die Stelle seines Bevollmächtigten[26].
  • dem Verlust der Vertretungsbefugnis (Rz. 42), z. B. durch Zurückweisung des Vertreters (Rz. 86).
[5] § 155 FGO i. V. m. § 86 ZPO.
[7] Spindler, in HHSp, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 178 m. w. N.
[8] § 155 FGO i. V. m. § 86 ZPO.
[11] Spindler, in HHSp, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 177; Brandt, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 70.
[15] Rz. 50; Spindler, in HHSp, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 173.
[16] Brandt, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 66.

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