1 Bedeutung der Vorschriften

 

Rz. 1

Nach Art. 108 GG obliegt den Finanzbehörden[1] die Verwaltung von Steuern. Sie sind in erster Linie Träger[2] des Verwaltungsverfahrens[3]. Ziel dieses Verfahrens ist nach § 85 S. 1 AO die Verwirklichung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis nach Maßgabe der Steuergesetze.

 

Rz. 2

Der 3. Teil der AO enthält die allgemeinen Regelungen für das Verwaltungsverfahren[4]. Er beschreibt einerseits allgemeine Verfahrensgrundsätze[5] und trifft insbesondere Regelungen für die Beweiserhebung durch die Finanzbehörde. Andererseits werden hier die Rechtsgrundlagen für die wesentliche Verfahrenshandlung der Finanzbehörde beschrieben, nämlich den Verwaltungsakt[6].

Die im 3. Teil der AO beschriebenen Grundsätze und getroffenen Regelungen haben Geltung für das gesamte Verwaltungsverfahren[7], sofern nicht für einzelne Verfahrensabschnitte spezielle Regelungen getroffen sind.

Die gesetzlichen Regelungen der AO sind allerdings nicht abschließend. Soweit Lücken bestehen, sind diese durch die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts, vornehmlich durch analoge Anwendung des VwVfG, zu schließen.

Rz. 3 einstweilen frei

[1] S. Rz. 9.
[3] S. Rz. 9.
[4] S. Rz. 9.
[5] Rz. 15c, 57.
[7] Rz. 15.

2 Verwaltungsverfahren in Steuersachen

2.1 Begriff

2.1.1 Verwaltungsrechtsverhältnis

 

Rz. 4

Das zwischen dem Staat und den Bürgern infolge der Einbindung in die Staatsgewalt bestehende öffentlich-rechtliche Verwaltungsrechtsverhältnis[1] in der Form des Steuerrechtsverhältnisses bzw. des Steuerpflichtverhältnisses[2] kann sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, ohne dass es einer besonderen Handlung seitens der Finanzbehörde[3] bedarf, z. B. bei den in verschiedenen Gesetzen normierten Anzeige- und Auskunftspflichten, wie der in § 138 AO normierten Anzeigepflicht bei Eröffnung eines Gewerbebetriebs. Das Steuerschuldverhältnis muss demgegenüber durch eine Maßnahme der Finanzbehörde[4] konkretisiert werden. Dieses erfolgt i. d. R. durch einen Verwaltungsakt. So muss z. B. nach § 218 Abs. 1 AO der gesetzlich entstandene Steueranspruch, erst durch einen Steuerbescheid[5] auf eine bestimmte Zahlungspflicht festgesetzt werden[6].

Rz. 5 einstweilen frei

2.1.2 Verfahren

 

Rz. 6

Die Abwicklung des Verwaltungsrechtsverhältnisses (Rz. 4) erfolgt durch das Verwaltungsverfahren nach den hierfür geltenden Rechtsnormen, dem Verwaltungsverfahrensrecht. Die AO enthält selbst keine Begriffsbestimmung des Verwaltungsverfahrens, obgleich der Begriff in verschiedenen Bestimmungen Verwendung findet[1]. Es wird insoweit der Inhalt der Legaldefinition des § 9 VwVfG auch für die AO zugrunde gelegt.

 

Rz. 7

Das Verwaltungsverfahren ist danach die das zum Bürger – hier als "Beteiligter" bezeichnet[2] – bestehende Verwaltungsrechtsverhältnis (Rz. 4) konkretisierende Tätigkeit der Behörde[3]. Zum Erlass eines Verwaltungsakts gehört notwendig dessen Bekanntgabe, da er erst hierdurch im Verhältnis zum Bürger rechtswirksam wird (§ 124 Abs. 1 AO). Darüber hinaus umfasst das Verwaltungsverfahren auch die Durchsetzung (Verwirklichung) nach § 218 AO und die Vollstreckung der öffentlich-rechtlichen Maßnahme nach § 249 Abs. 1 AO[4].

2.1.3 Behörde

 

Rz. 8

Das Verwaltungsverfahren[1] erfolgt durch die Verwaltungsorgane, d. h. durch die Behörden. Diese sind durch das jeweilige Organisationsrecht geschaffene Organe des Staates, also – wie in der Legaldefinition des § 6 Abs. 1 AO (§ 1 Abs. 4 VwVfG) bestimmt – jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

[1] Rz. 7.

2.1.4 Finanzbehörde

 

Rz. 9

Die AO gibt Regelungen für das Verwaltungsverfahren der Finanzbehörde i. S. v. § 6 Abs. 2 AO, also den Bundes- und Landesfinanzbehörden bzw. derjenigen Behörde, die aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmung die Verfahrensvorschriften der AO anzuwenden hat, z. B. die Gemeindebehörden bei der Verwaltung der Realsteuern[1] oder die Familienkassen bei der Verwaltung des Kindergelds[2]. Die Finanzbehörde wird tätig im Verwaltungsverfahren wegen "Finanzangelegenheiten" i. S. v. § 347 AO, d. h. im "Verwaltungsverfahren in Steuersachen", wie dies in § 30 Abs. 2 Nr. 1a AO bezeichnet ist. Sie ist Trägerin des "Besteuerungsverfahrens"[3].

[2] BFH v. 23.6.2000, VI B 82/00, BFH/NV 2000, 1447: SGB X ist in diesem Verfahren nicht anzuwenden.
[3] Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 13 VwVfG Rz. 10.

2.2 Abgrenzung zum Straf- und Bußgeldverfahren

2.2.1 Strafverfahren wegen Steuerstraftaten

 

Rz. 10

Nach Art. 108 GG obliegt den Finanzbehörden[1] die Verwaltung von Steuern. Ziel dieses Verwaltungsverfahrens ist die Verwirklichung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis (Rz. 1). Darüber hinaus bringt aber § 386 Abs. 1 S. 1 AO für die Finanzbehörde i. S. v. §§ 386 Abs. 1 S. 2, 404 AO eine Aufgabenerweiterung. Hiernach hat die Finanzbehörde bei Verdacht einer Steuerstraftat[2] die Aufgabe der Sachverhaltsermittlung. Ziel des Steuerstrafverfahrens, wie auch des Bußgeldverfahrens[3], ist die Ahndung steuerlichen Fehlverhaltens.

 

Rz. 11

Die Finanzbehörde tritt dem Bürger also in eine...

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