Rz. 11

Der Haftungsanspruch kann sich aus einer Rechtsnorm oder aus einem zwischen dem Haftenden und der Verwaltung abgeschlossenen Vertrag[1] ergeben. Diese Unterscheidung ist für den Charakter und die Geltendmachung der Haftung von Bedeutung. Die Haftung aufgrund einer Rechtsnorm ist unabhängig vom Standort dieser Vorschrift (Steuerrecht oder Zivilrecht) öffentlich-rechtlicher Art, sie kann von der Finanzbehörde durch Haftungsbescheid nach § 191 AO geltend gemacht und von ihr im Vollstreckungsverfahren nach §§ 249ff. AO durchgesetzt werden. Bei der Durchsetzung eines durch Vertrag begründeten und damit zivilrechtlichen Haftungsanspruchs ist die Finanzbehörde auf den Zivilrechtsweg und die Zwangsvollstreckung nach der ZPO angewiesen. Sie muss sich also zur Durchsetzung ihrer Ansprüche anderer staatlicher Organe bedienen. In einzelnen Fällen ist nicht eindeutig, ob es sich um eine gesetzliche oder eine zivilrechtliche Haftung handelt. Dies gilt z. B. im Fall der Bürgschaft für eine Zollschuld nach Art. 195 ZK (vgl. dazu Rz. 66).

 

Rz. 12

Die Haftung kraft Gesetzes ist in der AO nicht abschließend, sondern nur schwerpunktmäßig geregelt. In §§ 6976 AO sind zwar die für das Besteuerungsverfahren wichtigsten und über eine Steuerart hinausreichenden Haftungsfälle zusammengefasst. Die Vorschrift des § 45 Abs. 2 AO ist keine zusätzliche Haftungsnorm der AO, sondern regelt lediglich, dass für die Schuldner- oder Haftendenstellung eines Erben die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Erben-"Haftung" (= meist Erbenschuld) für Nachlassverbindlichkeiten gelten. Neben den Haftungstatbeständen der AO ergeben sich jedoch zahlreiche weitere Haftungstatbestände aus den Einzelsteuergesetzen. Vgl. Rz. 37–40.

 

Rz. 13

Neben der Haftung aufgrund von Steuergesetzen kann sich der Haftungsgrund der öffentlich-rechtlichen Haftung auch aus Vorschriften des Zivilrechts ergeben. Das wird auch durch § 191 Abs. 4 AO deutlich. Hierbei geht das Gesetz incidenter von dem Grundsatz aus, dass gesetzliche Verpflichtungen nach Zivilrecht auch für öffentlich- rechtliche Verbindlichkeiten gelten. Eine Transformationsvorschrift hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die Fassung des § 191 Abs. 1 AO nicht für erforderlich gehalten (vgl. Rz. 6). Die Haftung hat öffentlich-rechtlichen Charakter.[2]

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