Rz. 18

Soweit durch Gesetz die Schriftform vorgeschrieben ist[1], ermöglichen § 87a Abs. 3 und 4 AO grundsätzlich eine Übermittlung in elektronischer Form, wenn das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.[2] § 87a Abs. 3 AO enthält Regelungen für an die Finanzbehörden zu richtende Anträge, Erklärungen und Mitteilungen, § 87a Abs. 4 AO entsprechende, spiegelbildliche Vorschriften für Verwaltungsakte und sonstige Maßnahmen der Finanzbehörden.[3] Durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften v. 25.7.2013, BGBl I 2013, 2749 wurde jeweils der S. 2 dieser Absätze umformuliert. Laut der Gesetzesbegründung soll die Präzisierung – ohne den Regelungsinhalt zu ändern – verhindern, dass die Bezeichnung "elektronische Form" nicht als Begriffsbestimmung (elektronische Form = elektronisches Dokument + qualifizierte elektronische Signatur), sondern als Oberbegriff zur Abgrenzung sämtlicher elektronischer Dokumente zu verkörperten (schriftlichen) Dokumenten fehlverstanden wird.[4]

 

Rz. 18a

Die Anforderung einer qualifizierten elektronischen Signatur zur Ermöglichung rechtsverbindlichen elektronischen Handelns von Bürger und Verwaltung steht im Einklang mit dem europäischen Recht.[5] Unter den Voraussetzungen des § 23 SigG entsprechen auch ausländische Signaturen dem hier verlangten Sicherheitsstandard.

 

Rz. 19

Die elektronische Signatur[6] ist mit einem Siegel für ein elektronisches Dokument vergleichbar. Signiert wird mittels eines privaten kryptografischen Schlüssels, der mathematisch erzeugt wird. Mit diesem korrespondiert ein öffentlicher Schlüssel zur jederzeit möglichen Überprüfung der Signatur. Die Schlüsselpaare sind einmalig. Sie werden durch anerkannte Stellen den Verwendern fest zugeordnet. Das Signaturschlüssel-Zertifikat ist ein signiertes elektronisches Dokument, das den jeweiligen öffentlichen Schlüssel sowie den Namen der ihm zugeordneten Person enthält.[7] Dieser sog. Signaturschlüssel-Inhaber erhält das Zertifikat und kann es signierten Daten zu deren Überprüfung beifügen. Das Zertifikat ist daneben über öffentlich erreichbare Telekommunikationsverbindungen jederzeit für jeden nachprüfbar. Nach heutigem Stand der Technik erfolgt die Speicherung der relevanten Daten zumeist auf einer Chipkarte, die nur mit einer PIN und i. d. R. in einem Chipkartenleser eines PC eingesetzt werden kann. SigG und SigV sind bewusst technikneutral gehalten, sodass auch andere denkbare Signaturerstellungseinheiten möglich sind.[8]

 

Rz. 20

Von der in § 1 Abs. 3 SigG vorgesehenen Möglichkeit, den Einsatz qualifizierter elektronischer Signaturen zusätzlichen Anforderungen zu unterwerfen, wurde für den Anwendungsbereich der AO – anders als im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht[9] – kein Gebrauch gemacht. Für das Besteuerungsverfahren hat der Gesetzgeber keine Notwendigkeit gesehen, elektronische Dokumente mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur zu versehen und damit deren formelle Überprüfbarkeit (Integrität des Dokuments) für viele Jahre zu gewährleisten. Hintergrund für diese gesetzgeberische Entscheidung war die Überlegung, dass Steuerverwaltungsakte, soweit nicht Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten bestehen, grundsätzlich nicht aufbewahrt werden müssen. Eine dauerhafte Überprüfbarkeit der Integrität des elektronischen Verwaltungsakts ist deshalb nicht erforderlich.[10]

 

Rz. 21

Wenn bei gesetzlich angeordneter Schriftform auch einfachere Formen elektronischer Kommunikation genügen sollen, bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Das Gesetz verwendet hierzu Formulierungen wie "schriftlich oder elektronisch" und "schriftlich, elektronisch, mündlich, fernmündlich".[11] Umgekehrt meint damit die durch Gesetz angeordnete Schriftform i. S. d. § 87a Abs. 3 und 4 AO die ausschließlich angeordnete Schriftform. Bei fehlender Ausschließlichkeit ist ein Anwendungsfall des § 87a Abs. 3 und 4 AO nicht gegeben und eine einfache elektronische Kommunikation (z. B. per E-Mail) unter Beachtung des Verschlüsselungsgebots des § 87a Abs. 1 S. 3 AO möglich. Die freiwillige Verwendung qualifizierter elektronischer Signaturen im nicht ausschließlich schriftlichen, nichtförmlichen Besteuerungsverfahren bleibt allerdings zulässig.

 

Rz. 21a

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens[12] wurden einige Formvorschriften dahingehend geändert, dass nunmehr auch die elektronische Übersendung zulässig ist mit der Folge, dass ein Fall der gesetzlichen Schriftform nicht länger vorliegt. So können Steuerbescheide nach § 157 Abs. 1 AO und diesen gleichgestellte Bescheide entsprechend der Verweisungsnorm in § 181 Abs. 1 AO, Prüfungsanordnungen nach § 196 AO und Einspruchsentscheidungen nach § 366 AO künftig auch auf elektronischem Weg erlassen werden, sodass sie aus dem Tatbestand des § 87a Abs. 3 AO ausscheiden.

 

Rz. 22

§ 87a Abs. 3 AO gilt auch, wenn eine eigenhändige Unterschrift gesetzlich vorgeschrieben ist. In diesem Fall ist das Dokument von der...

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