Rz. 3

Ablehnungsgründe können sich aus der persönlichen Beziehung zwischen dem Amtsträger und dem Beteiligten ergeben, wie z. B. Freundschaft, Feindschaft, Verlöbnis, Verwandtschaft. Die Herkunft, eine Gruppenzugehörigkeit, die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder gar das Geschlecht können nach § 82 Abs. 1 S. 3 AO die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen[1]. Eine besondere religiöse oder politische Meinung oder Richtung des Amtsträgers kann nur dann als Ablehnungsgrund eintreten, wenn der Amtsträger insoweit eine exponierte Stellung in der Öffentlichkeit einnimmt.

 

Rz. 3a

In erster Linie wird die Besorgnis der Befangenheit aus dem Verhalten des Amtsträgers gegenüber dem Beteiligten begründet sein:

  • Meinungsbildung und Meinungsäußerungen über den voraussichtlichen Verfahrensausgang können die Ablehnung nicht begründen, wenn erkennbar ist, dass nur eine persönliche, vorläufige Meinungsbildung vorliegt[2]. Diese Hinweise liegen im wohlverstandenen Interesse des Beteiligten[3]. Dies gilt nicht für unsachliche Äußerungen zu Anträgen des Beteiligten, vorzeitige und undifferenzierte Festlegung auf eine Rechtsauffassung, wie überhaupt eine deutlich demonstrierte Voreingenommenheit oder Missbilligung[4], diese können Anlass für die Befangenheitsbesorgnis sein[5].
  • Mitteilung einer Rechtsansicht, selbst wenn diese falsch sein sollte[6] oder für den Beteiligten ungünstig ist[7] ist kein Ablehnungsgrund.
  • Rechtsfehler oder materiell unrichtige Entscheidungen des Amtsträgers können die Befangenheitsbesorgnis nur bei einer unsachlichen Einstellung oder bei Willkür begründen[8]. Das Ablehnungsverfahren dient nicht dazu, die Beteiligten gegen unrichtige Rechtsauffassungen der Amtsträger zu schützen. Es hat nicht die Funktion eines allgemeinen Rechtsbehelfs[9] und darf nicht zur Umgehung der Unanfechtbarkeit von Entscheidungen dienen[10].
  • Rechtmäßige Verfahrensmaßnahmen oder deren Ankündigung können die Befangenheitsbesorgnis nicht begründen[11], auch wenn sie dazu bestimmt sind, die Mitwirkungsbereitschaft des Beteiligten zu fördern[12]. Ein Amtsträger, der von den ihm prozessual zustehenden Befugnissen in einem dem Gesetzeszweck entsprechenden Maß Gebrauch macht, erweckt bei vernünftiger und objektiver Betrachtungsweise[13] nicht die Besorgnis der Befangenheit[14]. Auch die intensive Durcharbeit der Steuerakten, die eine Reihe von Nachfragen und die Anforderung von Nachweisen und Unterlagen auslöst, ist nicht besorgniserregend, sondern durch den Untersuchungsgrundsatz[15] geboten[16]. Nur wenn die beanstandete verfahrensrechtliche Maßnahme auch für einen objektiven Dritten nicht mehr nachvollziehbar ist, ist die Befangenheitsbesorgnis begründet[17].
  • Anfragen zum Verfahrensstand, ob das Verfahren fortgesetzt oder ein Antrag zurückgenommen wird, erwecken keinen Zweifel an der Unparteilichkeit[18].
  • Verfahrensverstöße rechtfertigen die Befangenheitsbesorgnis nur dann, wenn Gründe dargelegt werden, die dafür sprechen, dass dieses fehlerhafte Verhalten auf einer unsachlichen Einstellung gegenüber dem Beteiligten oder auf Willkür beruht[19]. Es müssen sich aus der Gesamtschau der beanstandeten Vorgänge Anhaltspunkte für die Voreingenommenheit ergeben. Der einzelne Grund für sich ist unbeachtlich[20]. Willkür kann nur angenommen werden, wenn die beanstandete verfahrensrechtliche Entscheidung unter Berücksichtigung der Prozesslage auch für einen objek­tiven Dritten nicht mehr nachvollziehbar ist[21].
  • Die Verfahrensdauer allein rechtfertigt nicht die Befangenheitsbesorgnis, wenn keine Gründe ersichtlich sind, die eine unsachliche oder willkürliche Einstellung des Amtsträgers befürchten lassen. Dies gilt für eine durch die Verfahrensgestaltung des Beteiligten und die Arbeitsbelastung des Amtsträgers bedingte lange Bearbeitungsdauer[22]. Das Unterlassen von verfahrensfördernden Maßnahmen kann die Befangenheitsbesorgnis nur begründen, wenn die zu einer eindeutig unvertretbaren und vorwerfbaren Verfahrensverzögerung führt[23]. Nur die völlige Untätigkeit rechtfertigt die Besorgnis, nicht aber das Unterlassen von Druckmitteln, wie das Setzen von Ausschlussfristen. Dies gilt auch für eine aus der Sicht des Beteiligten zu kurze Verfahrensdauer durch das Setzen kurzer Fristen für Mitwirkungshandlungen[24].
 

Rz. 3b

Gründe für die Besorgnis der Befangenheit können sich in Ausnahmefällen auch aus dem Verhältnis zwischen dem Amtsträger und dem Bevollmächtigten[25] des Beteiligten ergeben, wenn sich hier ein gespanntes Verhältnis entwickelt hat[26]. Allerdings muss das ablehnende Verhalten des Amtsträgers gegenüber dem Bevollmächtigten auch gegenüber dem Beteiligten in Erscheinung getreten sein[27]. Der Grund für die Besorgnis der Befangenheit des Amtsträgers liegt dann in der Gefahr, dass der Amtsträger seine persönliche Einstellung gegenüber dem Bevollmächtigten nicht hinreichend von dem konkreten Verwaltungsverfahren trennen kann[28].

 

Rz. 4

Die Befangenheit kann – ein korrektes und unparteiisches Verhalten des Amtsträgers vorausgesetz...

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