Rz. 3

Der Begriff des Wohnsitzes wird im Steuerrecht an vielen Stellen verwendet. Er ist Anknüpfungspunkt für Rechtsfolgen unterschiedlicher Art. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG folgt die unbeschränkte Steuerpflicht aus dem Wohnsitz einer Person im Inland. Der Wohnsitz des Erblassers, des Schenkers oder des Erwerbers ist bedeutsam für die persönliche Steuerpflicht nach dem ErbStG.[1] Im USt-Recht kommt es zwar nicht darauf an, ob ein Unternehmer seinen Wohnsitz im Inland hat, wenn der Umsatz hier ausgeführt wird.[2] § 3a Abs. 4 S. 1 UStG knüpft jedoch für den Ort der sonstigen Leistung an den Wohnsitz an, wenn der Leistungsempfänger weder Nichtunternehmer ist noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist und ihren Wohnsitz/Sitz in einem Drittland hat. Auch an anderer Stelle hebt das USt-Recht auf den Wohnsitz ab, z. B. verwendet § 13b UStG für die Abgrenzung des Begriffs des im Ausland ansässigen Unternehmers diesen Begriff.

Der Wohnsitz ist auch an anderen Stellen des Steuerrechts und im Zulagenrecht[3] von Bedeutung, so z. B. auch bei der Anwendung des NATO-Truppenstatuts[4], im Außensteuergesetz[5] sowie bei der Versicherungssteuer-Pflicht.[6] Das BerlFG forderte für die einkommensteuerlichen Vergünstigungen in § 21 Abs. 1 BerlFG den ausschließlichen oder vorwiegenden Wohnsitz bzw. beim Fehlen eines Wohnsitzes im Geltungsbereich des Gesetzes den gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin (West). Schließlich ist der Wohnsitz wichtiger Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit der Finanzbehörden.[7]

Für diese und die weiteren Anwendungsfälle des Wohnsitzbegriffs im Steuerrecht muss die Begriffsbestimmung des § 8 AO zur Anwendung gelangen.[8] Aus den Umständen der Anwendung des Begriffs können sich Modifizierungen, insbesondere Einschränkungen ergeben, z. B. wenn das Gesetz "seinen" Wohnsitz anspricht[9] und damit nur ein Wohnsitz gemeint sein kann oder wenn das Gesetz vom "vorwiegenden Aufenthalt" bei einem Wohnsitz spricht.[10] Der Begriff des "gewöhnlichen Wohnsitzes" in Art. 2 Verordnung (EWG) Nr. 918/83 ist dagegen nicht nach § 8 AO zu bestimmen, sondern gemeinschaftsrechtlich.[11]

Nicht so einheitlich wie der Begriff des Wohnsitzes wird der im Steuerrecht nicht für alle Bereiche gültig umschriebene Begriff der Wohnung verwendet. Vgl. Rz. 5–7. Neben dem Begriff des Wohnsitzes kennt das USt-Recht auch den von ihm abweichenden Begriff des Wohnorts[12], mit dem der augenblickliche Lebensmittelpunkt einer Person umschrieben werden soll[13], während der Lebensmittelpunkt für § 8 AO – insbesondere bei Vorhandensein mehrerer Wohnsitze – nicht maßgebend ist.[14]

[4] Art. X NATO-Truppenstatut, vgl. Rz. 13.
[7] § 19 u. § 20a; § 10 FeuerschutzG; § 1 VersStDV.
[8] Für die Verwendung des "steuerlichen Wohnsitzes" in den DBA vgl. Rz. 15.
[10] § 21 Abs. 1 BerlFG.
[14] Buciek, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 8 AO Rz. 10 m. w. N.

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