Rz. 1

Durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes[1] ist in § 60a AO ein Feststellungsverfahren zur Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach §§ 51, 59 bis 61 AO eingeführt worden. Geprüft wird, ob die Satzung der Körperschaft den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Das Feststellungsverfahren tritt an die Stelle der bisherigen sog. vorläufigen Bescheinigung, die eine neugegründete gemeinnützige Körperschaft auf Antrag erhielt; diese stellte fest, dass die eingereichte Satzung die Anforderungen der §§ 5961 AO erfüllt, dass die Körperschaft steuerlich erfasst ist und dass sie zum Empfang steuerbegünstigter Spenden berechtigt ist.[2] Das Verfahren zur Erteilung der vorläufigen Bescheinigung war gesetzlich nicht festgelegt; im Rechtssinne stellte die vorläufige Bescheinigung keinen Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO, sondern lediglich eine unverbindliche Auskunft der Finanzverwaltung dar[3], die i. d. R. für einen Zeitraum von max. 18 Monaten erteilt wurde. Dies hatte zur Folge, dass der betroffenen gemeinnützigen Körperschaft kein Rechtsmittel gegen die vorläufige Bescheinigung zustand.[4] Mit Erteilung des Körperschaftsteuerfreistellungsbescheids im Rahmen der erstmaligen Veranlagung entfiel die Wirkung der vorläufigen Bescheinigung.

 

Rz. 2

Die Einführung eines formellen Feststellungsverfahrens trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit sowie nach verbessertem Rechtsschutz Rechnung. In der Vergangenheit gewährte die Finanzverwaltung zwar im Hinblick auf die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit Vertrauensschutz, wenn die Satzung im Rahmen einer früheren Veranlagung oder bei Erteilung einer vorläufigen Bescheinigung vom FA nicht beanstandet worden war.[5] Eine gesetzliche Grundlage für eine Bindung der WohnsitzFÄ an die Einordnung im körperschaftsteuerlichen Veranlagungsverfahren fehlte indes.[6] Gegen die Ablehnung der Feststellung sind nunmehr der Einspruch bzw. die Verpflichtungsklage statthaft.[7]

Das Feststellungsverfahren ist am 29.3.2013 in Kraft getreten. Die in der Vergangenheit erteilten vorläufigen Bescheinigungen behalten Gültigkeit bis zur ersten gesonderten Feststellung nach § 60a AO.[8]

 

Rz. 3

Abs. 1 bestimmt Inhalt und Bindungswirkung der Feststellung als Grundlagenbescheid i. S. v. § 171 Abs. 10 AO. Die gesonderte Feststellung ist verfahrensrechtlich bindend[9] für die Besteuerung; die Bindungswirkung erstreckt sich alle Vorschriften, die tatbestandlich die Steuerbegünstigung wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke voraussetzen.[10] Dies betrifft zunächst die Besteuerung der Körperschaft selbst: die Feststellung ist insbesondere bindend für

  • die Körperschaft- und Gewerbesteuerveranlagung[11],
  • die Befreiung von der Umsatzsteuer[12],
  • die Inanspruchnahme des ermäßigten Umsatzsteuersatzes[13],
  • das Wahlrecht zum pauschalierten Vorsteuerabzug[14],
  • die Erbschaft- und Schenkungsteuer[15] sowie
  • die Grundsteuer.[16]

Im Verhältnis zu Dritten erstreckt sich die Bindungswirkung auf

  • die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen und den Sonderausgaben- bzw. Betriebsausgabenabzug bei Spendern und Mitgliedern[17],
  • die ertragsteuerlichen Buchwertprivilegien[18],
  • die Inanspruchnahme der Einkommensteuerbefreiungen für Personen im Dienste einer gemeinnützigen Körperschaft[19] und
  • die Befreiung von der Erbschaft-und Schenkungsteuer.[20]

Das Feststellungsverfahren ist kein vollständiges Verfahren zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit, da es sich nur auf die Prüfung der formellen Satzungsmäßigkeit bezieht.[21] Die Freistellung von der Körperschaft- und GewSt wird erst erteilt, wenn die Prüfung der tatsächlichen Geschäftsführung[22] im Rahmen der Veranlagung ergibt, dass die Körperschaft auch materiell ihren durch die Satzung erteilten Auftrag verfolgt hat. Daraus folgt, dass auch die Versagung bzw. der Entzug der Gemeinnützigkeit wegen eines Verstoßes außerhalb der formellen Satzungsmäßigkeit nicht auf Grundlage eines Bescheids gem. § 60a AO und damit nicht wie bisher durch die Ablehnung bzw. Aufhebung des Feststellungsbescheids, sondern erst im Veranlagungsverfahren erfolgen kann.[23]

Zuständig für die gesonderte Feststellung ist das FA, in dessen Zuständigkeit auch die Veranlagung zur KSt fällt; das Feststellungsverfahren ist ein Annexverfahren zur KSt-Veranlagung.[24]

Auch ausländische Körperschaften, die ihren Sitz in der Europäischen Union bzw. in einem Staat der EWR haben, haben Anspruch auf Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 60a AO, wenn sie grundsätzlich berechtigt sind, Zuwendungsbestätigungen für Spenden und Mitgliedsbeiträge zu erteilen.[25]

Die gesonderte Feststellung über die formelle Satzungsmäßigkeit bleibt als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung[26] so lange wirksam, bis dieser außer Kraft tritt[27] oder geändert bzw. aufgehoben wird.[28] Aus der Anerkennung der formellen Gemeinnützigkeit durch den Feststellungsbescheid lässt sich – ebenso wenig wie aus einer etwaigen Freistellung für vorangegangene Jahre – ein schutzwürdiges Vertrauen für eine Körperschaftsteuerfreistellung in der Zu...

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