Rz. 19

Rechtsverordnungen sind sog. Gesetze im materiellen Sinn. Sie können nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG von der Bundesregierung, einem Bundesminister oder einer Landesregierung erlassen werden, wenn diese dazu durch ein förmliches Gesetz ermächtigt worden sind. Eine solche von einem Organ der Exekutive erlassene Rechtsverordnung setzt, obwohl sie nicht unmittelbar vom Gesetzgeber stammt, für alle bindendes Recht.[1]

 

Rz. 20

Die gesetzliche Verordnungsermächtigung muss nach Inhalt, Zweck und Ausmaß genau bestimmt sein.[2] Die Rechtsverordnung ist nur insoweit wirksam, wenn sie durch die Ermächtigungsvorschrift gedeckt ist. Hierzu gibt es in der verfassungsrechtlichen Rspr. eine umfangreiche Kasuistik, da insbesondere die Frage einer hinreichend genauen Bestimmung der Regelungsinhalte und Regelungsgrenzen nicht immer eindeutig zu beantworten ist. Gerade auch im Steuerrecht ist diese Problematik häufig anzutreffen, da hier ergänzende Verordnungsvorschriften vielfach durch Nutzung von Gestaltungsspielräumen Einzelfragen zu lösen versuchen und die Ermächtigung nach Art. 80 GG hierfür möglicherweise nicht ausreicht.

 

Rz. 21

Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers aufgrund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen oder die von den Ländern im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen selbst auch der Zustimmung des Bundesrats. Dies trifft für die meisten Rechtsverordnungen im Bereich des Steuerrechts zu.

 

Rz. 22

Die Gerichte haben Rechtsverordnungen im Rahmen der Inzidentkontrolle auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Eine als nichtig erkannte Rechtsverordnung ist vom Fachgericht zu verwerfen und außer Anwendung zu lassen.[3] Soweit ein Gericht hingegen eine nachkonstitutionelle gesetzliche Ermächtigung i. S. d. Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG als verfassungswidrig erachtet, hat es die Entscheidung des BVerfG einzuholen.

[1] Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 80 Rz. 20f.
[3] Vgl. z. B. BFH v. 10.6.2015, I R 79/13, BFH/NV 2015, 1630 m. w. N.; Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, § 80 Rz. 33.

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