Rz. 29

In seiner ersten Alternative erfasst § 193 Abs. 1 AO Stpfl., die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder die freiberuflich tätig sind. Damit knüpft die Vorschrift an die entsprechenden Einkunftstatbestände des Einkommensteuerrechts an. Der Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO unterliegen daher Stpfl., die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft[1], Gewerbebetrieb[2] oder aus freiberuflicher Tätigkeit[3] erzielen. Bezieher von Einkünften aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 2–4 EStG fallen nicht unter § 193 Abs. 1 AO.[4]

 

Rz. 30

Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann die Außenprüfung nur bei Stpfl. durchgeführt werden, die noch im Zeitpunkt der Prüfung einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder freiberuflich tätig sind. Das entspricht aber nicht dem Zweck der Vorschrift, die die steuerlichen Verhältnisse von Unternehmern für besonders prüfungsbedürftig hält. Deshalb können die steuerlichen Verhältnisse früherer Unternehmer auch dann nach § 193 Abs. 1 AO geprüft werden, wenn sie ihren Betrieb veräußert oder aufgegeben haben.[5] Dies gilt auch für den Erben eines Unternehmers. Nach § 45 Abs. 1 AO geht die Steuerschuld des Erblassers und damit auch die Verpflichtung aus Steuernachforderungen auf diesen als Gesamtrechtsnachfolger über; soweit die Steuerschuld auf der unternehmerischen Betätigung des Erblassers beruht, kann bei ihm daher auch eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO stattfinden.[6] Zeitlich umfasst die Außenprüfung nach § 193 Abs. 1, 1. Alt. AO damit den gesamten Zeitraum vom Beginn der betrieblichen Betätigung bis zu deren Beendigung.

 

Rz. 31

Die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 193 Abs. 1, 1. Alt. AO braucht bei Erlass der Prüfungsanordnung noch nicht mit Gewissheit festzustehen. Eine Außenprüfung nach dieser Vorschrift ist vielmehr auch zu dem Zweck der Feststellung zulässig, ob der Stpfl. einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält oder freiberuflich tätig ist. Ursprünglich hatte der BFH zwar die Auffassung vertreten, dass eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO nur möglich sei, wenn nach dem Verhalten des Stpfl. für das FA feststehe bzw. kein vernünftiger Zweifel daran bestehe, dass dieser tatsächlich einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalte oder tatsächlich freiberuflich tätig sei.[7] Inzwischen lässt er es aber in st. Rspr. genügen, dass konkrete Anhaltspunkte für eine entsprechende Annahme bestehen.[8]

 

Rz. 32

Bei Gewerbetreibenden sowie bei Land- und Forstwirten stellt das Gesetz darauf ab, dass die Stpfl. einen entsprechenden "Betrieb" unterhalten.

Was unter einem "Betrieb" zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Aus dem Zusammenhang, in dem dieser Begriff im Rahmen des § 193 AO verwendet wird, ist zu schließen, dass er das Substrat bezeichnet, das dem Stpfl. zur Erzielung seiner Einkünfte dient und den Gegenstand der Außenprüfung bildet. Unter "Betrieb" ist daher diejenige organisatorisch abgeschlossene Einheit von personellen, sachlichen und immateriellen Produktions- und Leistungsfaktoren zu verstehen, mit der der Stpfl. Lieferungen und sonstige Leistungen am Markt anbietet und nachfragt.[9]

Einen (gewerblichen) Betrieb in diesem Sinne unterhält im Fall der Betriebsaufspaltung nicht nur das Betriebs-, sondern auch das Besitzunternehmen. Das Gleiche gilt im Hinblick auf § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG für die vermögensverwaltende Tätigkeit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft. Auch Kapitalgesellschaften, Genossenschaften sowie Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit unterhalten unabhängig vom Inhalt ihrer Tätigkeit einen Gewerbebetrieb.[10]

Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts i. S. d. § 4 Abs. 1 KStG fallen (nur dann) unter § 193 Abs. 1 AO, wenn sie mit der Absicht der Gewinnerzielung und unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tätig werden.[11] Demgegenüber stellt das Halten einer Beteiligung i. S. v. § 17 EStG keinen gewerblichen Betrieb dar.[12] Auch die Erzielung nachträglicher Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder Gewerbebetrieb i. S. v. § 24 Nr. 2 EStG begründet keinen Betrieb mehr.

 

Rz. 33

Soweit ein Betrieb vorliegt, setzt die Zulässigkeit einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO nicht voraus, dass der Stpfl. für diesen Betrieb Bücher oder Aufzeichnungen zu führen hat oder tatsächlich führt. Der Außenprüfung unterliegen daher auch Betriebe, die nicht der handelsrechtlichen Buchführungspflicht unterliegen und die auch nicht die Buchführungsgrenzen des § 141 AO erreichen. Insbesondere unterliegen damit auch Land- und Forstwirte der Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO, die ihren Gewinn gemäß § 13a EStG nach Durchschnittssätzen ermitteln. Die Prüfung kann auch angeordnet werden, wenn der Stpfl. keine Unterlagen besitzt und die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden müssen.[13]

Die Zulässigkeit der Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO i...

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