Rz. 205

Durch Gesetz v. 26.6.2013[1] wurde in Abs. 15 ein neuer Tatbestand der Ablaufhemmung eingeführt. Hintergrund der Neuregelung ist, dass die Handlung, die die Ablaufhemmung hervorrufen soll, bisher gegenüber demjenigen Stpfl. vorgenommen werden musste, gegen den die Ablaufhemmung wirken soll. Hat ein Dritter die Steuer für den Steuerschuldner zu entrichten, bedeutete dies, dass eine Ablaufhemmung gegenüber dem Dritten nicht zu einer Ablaufhemmung gegenüber dem Steuerschuldner führte.[2] Einerseits wird in diesen Fällen der Tatbestand, der zu der Steuerpflicht führt, regelmäßig nur bei dem Dritten festgestellt werden können, z. B. durch eine Außenprüfung bei ihm. Die Handlungen gegenüber dem Dritten führen aber nicht zur Ablaufhemmung gegenüber dem Steuerschuldner, die Festsetzungsfrist wird also ihm gegenüber ablaufen. Gegenüber dem Dritten wird in diesen Fällen die Festsetzungsfrist zwar gehemmt sein, dies kann aber regelmäßig nicht zu einer Geltendmachung der Steuer gegenüber dem Dritten führen, etwa im Haftungswege, da ein Haftungsbescheid nach § 191 Abs. 5 Nr. 1 AO nicht mehr ergehen kann, soweit die Festsetzungsfrist gegen den Steuerschuldner abgelaufen ist.[3] In den Fällen der genannten Art konnte die Steuer daher regelmäßig nicht mehr geltend gemacht werden. Der Dritte konnte sogar versuchen, durch Verzögerungen den Ablauf der Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner abzuwarten, um der Haftung zu entgehen.

 

Rz. 206

Zur Vermeidung dieser für das Steueraufkommen negativen Effekte bestimmt Abs. 15, dass die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor der Festsetzungsfrist gegenüber dem Dritten endet. Der Sache nach führt der noch nicht beendete Lauf der Festsetzungsfrist gegenüber dem Dritten zu einer Ablaufhemmung gegenüber dem Steuerschuldner. Es kommt also zu einer personenübergreifenden Ablaufhemmung.[4] Soweit gegenüber dem Dritten ein Hemmungstatbestand verwirklicht ist, z. B. nach § 171 Abs. 3, 3a oder 4 AO, führt dies zu einer entsprechenden Hemmung der Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner. Es kommt daher zu einem Gleichlauf der Festsetzungsfristen. Diese Regelung gilt nach Art. 97 § 10 Abs. 11 EGAO für alle am 30.6.2013 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen. Unklar ist dabei, ob sich diese Regelung auf die gegen den Dritten oder gegen den Steuerschuldner laufende Festsetzungsfrist bezieht. Da sich der Hemmungstatbestand des Abs. 15 auf die gegen den Steuerschuldner laufende Festsetzungsfrist bezieht, muss auch diese Festsetzungsfrist gemeint sein. Das ist systematisch auch notwendig, da eine durch Ablauf der Festsetzungsfrist erloschene Steuer nicht durch Einführung eines Hemmungstatbestands wieder aufleben kann. Ist die Festsetzungsfrist abgelaufen, kann sich der Steuerschuldner darauf verlassen, dass die Steuerschuld endgültig erloschen ist. Die Hemmung greift also nur ein, wenn die Steuer gegen den Steuerschuldner am 30.6.2013 noch nicht durch Ablauf der Festsetzungsfrist erloschen war. Würde man dagegen darauf abstellen, dass am 30.6.2013 die Festsetzungsfrist gegenüber dem Dritten noch nicht abgelaufen war, kann der Fall eintreten, dass die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner am 30.6.2013 bereits abgelaufen war, die gegen den Dritten aber nicht. Würde dann die Hemmung eingreifen, würde die bereits erloschene Steuer wieder entstehen. Das wäre ein sachlich nicht gerechtfertigter Eingriff in das schutzwürdige Vertrauen des Stpfl. und damit eine verfassungswidrige Rückwirkung.

 

Rz. 207

Voraussetzung des Abs. 15 ist, dass ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder dass er die Steuern für den Stpfl. zu entrichten hat. Der Tatbestand der Einbehaltung und Entrichtung der Steuer für den Steuerschuldner bezieht sich auf die Fälle des Steuerabzugs, also insbesondere LSt, KapESt einschließlich der KapESt auf verdeckte Gewinnausschüttungen, Bauabzugsteuer und Steuerabzug nach § 50a EStG. Der Tatbestand der Entrichtung der Steuer für den Steuerschuldner ohne Steuerabzug bezieht sich auf Verkehrssteuern, bei denen kein Steuerabzug vorgesehen ist. Bei der Versicherungssteuer ist der Versicherungsnehmer nach § 7 Abs. 1 VersStG Steuerschuldner, die Steuer ist jedoch für seine Rechnung von dem Versicherer nach § 7 Abs. 2 VersStG zu entrichten.

 

Rz. 208

Rechtsfolge des Abs. 15 ist, dass die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht endet, bevor nicht die Festsetzungsfrist gegenüber dem Dritten abgelaufen ist. Der Stpfl. muss daher beispielsweise eine Ablaufhemmung nur deshalb hinnehmen, weil der Dritte der Außenprüfung unterliegt und bei ihm daher eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO eintritt, und das selbst dann, wenn der Stpfl. selbst nicht der Außenprüfung unterliegt. Die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner kann später enden als die gegenüber dem Dritten[5], aber nicht früher. In sachlicher Hinsicht bezieht sich die Ablaufhemmung nur auf die Steuern, die der Dritte einzubehalten und abz...

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