Rz. 52

Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des Verzögerungsgelds quasi als Annex zur Möglichkeit des Transfers der elektronischen Buchführung einen schweren systematischen Fehlgriff getan. Eindeutig besser wäre die Regelung im Rahmen der §§ 193ff. AO aufgehoben gewesen. Die Bandbreite des Verzögerungsgelds ist als unangemessen groß anzusehen, sodass eine Beschränkung einer überschießenden Anwendung durch die Finanzgerichte wünschenswert erscheint. Eine entsprechende Tendenz scheint sich denn auch in der Rechtsprechung anzudeuten.

 

Rz. 52a

Zudem sind verschiedene Fragen zum Verzögerungsgeld schlicht als ungeklärt anzusehen. So stellt sich die Frage, ob ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden darf, wenn jemand aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, seiner Auskunfts- oder Mitwirkungspflicht nachzukommen. Vollkommen unklar ist auch, welches Verhältnis zwischen Zwangsgeld und Verzögerungsgeld besteht und ob § 393 Abs. 1 S. 2 AO im Rahmen der Festsetzung des Verzögerungsgelds Anwendung findet. Zwar ist das Verzögerungsgeld kein Zwangsmittel i. S. v. § 328 AO, doch hat es Zwangswirkung, sodass es aus rechtsstaatlichen Erwägungen zwingend erscheint, das Verbot der Selbstbelastung auch im Rahmen des Verzögerungsgelds anzuwenden.[1]

 

Rz. 52b

Schließlich ist auch fraglich, ob ein einmal gezahltes Verzögerungsgeld als Betriebsausgabe bzw. Werbungskosten abzugsfähig ist. Unstreitig handelt es sich bei dem Verzögerungsgeld aufgrund der Aufnahme in den Katalog des § 3 Abs. 4 AO um eine steuerliche Nebenleistung. Ob dies dazu führt, dass das Verzögerungsgeld entsprechend § 12 Nr. 3 EStG bzw. § 10 Nr. 2 KStG nicht abzugsfähig ist[2], erscheint durchaus fraglich. Schließlich dürfte oftmals kaum eine eindeutige Zuordnung eines Pflichtenverstoßes im Rahmen einer Außenprüfung zu einer speziellen Steuernachzahlung möglich sein. Zumindest in den Fällen, in denen eine Steuer betroffen ist, die als abzugsfähig anzusehen ist (Versicherungsteuer, GrESt, Kraftfahrzeugsteuer usw.), greift die Ansicht der Finanzverwaltung nicht durch. Alles in allem wäre eine Überarbeitung der Regelung zum Verzögerungsgeld als sinnvoll anzusehen, besser noch wäre eine Streichung der Bestimmung, da ihre Erforderlichkeit fraglich erscheint.

[2] Hruschka, Stbg 2012, 1ff.

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