Leitsatz

Werden mehr als 25 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Laufe des Wirtschaftsjahres übertragen, kann entgegen den Verwaltungsanweisungen auch der bis zu diesem Zeitpunkt anteilig entstandene Verlust in das Vorjahr zurück getragen werden.

 

Sachverhalt

Die mit genau 50 % beteiligte Gesellschafterin hatte gegen Ende November des Streitjahres 2013 ihre Anteile auf die anderen Gesellschafter übertragen. Die GmbH hat 2013 vor und nach der Übertragung Verluste erwirtschaftet. Das Finanzamt wollte gem. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG einen Verlustrücktrag nach 2012 für die bis zur Übertragung entstandenen Verlustanteile nur zur Hälfte zulassen.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, entgegen den Verwaltungsanweisungen (BMF, Schreiben v. 4.7.2008, BStBl 2008 I S. 736, Rz. 31) erfasse das gesetzliche Verlustausgleichsverbot nicht die bis zu dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Verlustanteile, soweit ein Verlustrücktrag in Frage komme. Das Gesetz wolle verhindern, dass die von dem alten Gesellschafter erlittenen Verluste von dem neuen Gesellschafter genutzt werden. Diese Zielsetzung liefere keine Rechtfertigung, einen anteiligen Verlustrücktrag zu untersagen, weil der Altgesellschafter damit die von ihm selbst getragenen Verluste nutze. Für eine zeitanteilige Aufteilung spreche zudem die Entscheidung des BFH (Urteil v. 30.11.20111, I R 14/11, BStBl 2012 II S. 360), die eine Verrechnung eines zeitanteilig erwirtschafteten Gewinns mit einem Verlustvortrag aus dem Vorjahr für geboten erklärt hatte.

 

Hinweis

Die zeitanteilige Betrachtungsweise erfordert bei unterjährigem Beteiligungserwerb keine Aufteilung des Gewinns der GmbH bzw. AG, wenn deshalb wie im Urteilsfall der gesamte Verlust vollständig in das Vorjahr zurück getragen werden kann. Anders kann es aussehen, wenn vor dem Beteiligungserwerb ein Gewinn, danach jedoch ein Verlust erwirtschaftet wurde oder umgekehrt, aber auch dann, wenn der Verlust nur anteilig (oder gar nicht) zurück getragen werden kann und deshalb der Verlustvortrag anteilig zu kürzen ist. Die hier möglicherweise auftretenden Probleme lassen sich vermeiden, wenn die Übertragung der Anteile auf den Bilanzstichtag verlegt wird. In manchen Fällen lässt sich das gesetzliche Verlustabzugsverbot aushebeln, wenn die GmbH oder AG rechtzeitig vorhandene stille Reserven aufdeckt.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 21.07.2016, 9 K 2794/15 K,F

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