Leitsatz

1. Überlässt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Wohnungen und werden Nebenkosten (z.T.) nicht erhoben, liegt eine verbilligte Überlassung und damit ein Sachbezug nur vor, soweit die tatsächlich erhobene Miete zusammen mit den tatsächlich abgerechneten Nebenkosten die ortsübliche Miete (Kaltmiete plus umlagefähige Nebenkosten) unterschreitet. Dabei ist jeder Mietwert als ortsüblich anzusehen, den der Mietspiegel im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist (BFH, Urteil vom 17.08.2005, IX R 10/05, BFH/NV 2006, 166, BFH/PR 2006, 89).

2. Bei der Prüfung, ob eine verbilligte Überlassung ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis hat, kann ein gewichtiges Indiz sein, in welchem Umfang der Arbeitgeber vergleichbare Wohnungen auch an fremde Dritte zu einem niedrigeren als dem üblichen Mietzins vermietet (vgl. R 31 Abs. 6/R 8.1 Abs. 6 LStR). Es kann jedoch nicht typisierend davon ausgegangen werden, dass bei einem unter 10 % liegenden Anteil an fremdvermieteten Wohnungen ein Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis besteht.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2, § 8 Abs. 3, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

K, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, vermietet 68 Wohnungen sowohl an Arbeitnehmer als auch an Dritte. Dabei wurden erst bei ab 2005 neu abgeschlossenen Mietverhältnissen die Kosten für Hausversicherung, Grundsteuer und Straßenreinigung abgerechnet. Soweit diese Kosten nicht abgerechnet wurden, sah das FA geldwerte Vorteile bei Ks Arbeitnehmern und forderte entsprechend LSt nach. Der Sachbezug sei nur dann nicht anzusetzen, wenn nach R 31 Abs. 6 S. 6 LStR der Arbeitgeber auch an fremde Dritte zu einem geringeren als dem üblichen Wert vermiete. Dagegen sowie gegen die Lohnversteuerung von Umlagen an die Zusatzversorgungskasse wandte sich K mit der Klage erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 05.11.2009, 11 K 4662/06 L, Haufe-Index 2300178, EFG 2010, 428).

 

Entscheidung

Der BFH verwies mit den unter Praxishinweisen erläuterten Erwägungen die Sache an die Vorinstanz zurück.

 

Hinweis

Die Behandlung der Umlagezahlungen beurteilte der BFH unter Hinweis auf vorangegangene Urteile (z.B. BFH, Urteil vom 07.05.2009, VI R 8/07, BFH/NV 2009, 1504, BFH/PR 2009, 369) als rechtens, hob aber die Vorentscheidung hinsichtlich der Mietzahlungen auf. Denn allein der Umstand, dass bestimmte Mietnebenkosten nicht erhoben werden, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines lohnsteuerlichen Vorteils. So kann z.B. die unterlassene Umlage einer bestimmten Nebenkostenart durch eine vergleichsweise hohe Kaltmiete ausgeglichen werden. Entscheidend ist, ob die Miete insgesamt die Spanne des ortsüblichen Mietzinses unterschreitet.

1. Ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil kann auch in der verbilligten Überlassung einer Wohnung liegen. Die Verbilligung ergibt sich aus der dem Mietspiegel zu entnehmenden ortsüblichen Miete für vergleichbare Wohnungen (üblicher Endpreis am Abgabeort). Zur ortsüblichen Miete gehören Kaltmiete und umlagefähige Kosten. Danach ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt eine Verbilligung vorliegt. Das ist erst der Fall, wenn die tatsächlich erhobene Miete zusammen mit den tatsächlich abgerechneten Nebenkosten die Spanne der im Mietspiegel ausgewiesenen Mietwerte (Kaltmiete zzgl. umlagefähige Kosten) unterschreitet.

2.Ist die Verbilligung festgestellt, ist weiter zu prüfen, ob diese ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis hat. Insoweit berücksichtigte der BFH die Einlassung des K als Vermieter, dass zur Gleichbehandlung der Mieter, zur Vereinheitlichung und zur Vereinfachung auf die Erhebung der Nebenkosten verzichtet worden sei. Der BFH folgte zwar der Erwägung in R 31 Abs. 6 S. 6 LStR, dass dabei der Umstand, ob und inwieweit vergleichbare Wohnungen auch an fremde Dritte zu entsprechenden Konditionen vermietet werden, ein gewichtiges Indiz sein kann. Dem dort ausgewiesenen starren quantitativen Maßstab (10 %) maß er allerdings keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Schließlich gab der BFH noch auf, die besondere Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 9 EStG (Sachbezug) sowie die besondere Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG – wenn kein Pauschalierungsantrag gestellt wurde (BFH, Urteil vom 21.01.2010, VI R 51/08, BFH/NV 2010, 999, BFH/PR 2010, 208) – zu prüfen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.05.2011 – VI R 65/09

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