Leitsatz

Hat der Steuerpflichtige tatsächlich eine Leistung von einem Unternehmer bezogen und liegen insoweit formell ordnungsgemäße Rechnungen vor, trägt die Finanzbehörde für die Versagung des Vorsteuerabzugs zunächst die objektive Feststellungslast, Eine Rechnungsberichtigung wirkt auf den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung zurück, sofern sie noch vor Ergehen einer Einspruchsentscheidung vorgenommen wird.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt versagte den von der Antragstellerin geltend gemachten Vorsteuerabzug aus dem tatsächlich erfolgten Bau einer Produktionshalle. In den Baurechnungen der Firmen A und C fehle der Leistungszeitraum, auch sei die Leistungsbeschreibung unzulänglich. Überdies handele es sich teils um Scheinrechnungen, da die Leistungen in Wirklichkeit von einem Bauunternehmer D und nicht von der A oder C erbracht worden seien. Gegen die geänderten Bescheide legte die Antragstellerin Einspruch ein. Auch beantragte sie - nach Ablehnung durch das Finanzamt - beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung und reichte Unterlagen zur Rechnungsberichtigung der Rechnungen der C bei Gericht ein.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen der C begründet; hinsichtlich des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen der A ist er unbegründet.

Für Leistungen der A liegt lediglich ein mit ‚Kostenaufstellung und Terminplan’ überschriebenes, undatiertes Dokument vor. Terminpläne über geplante ‚Soll’-Leistungszeitpunkte weichen jedoch erfahrungsgemäß gerade in der Baubranche erheblich vom tatsächlichen Baufortschritt ab, so dass aus ihnen nicht mit hinreichender Gewissheit der tatsächliche Leistungszeitpunkt einzelner Bauleistungen zu entnehmen ist. Die Rechnungen der A enthalten bei summarischer Prüfung zudem keine leicht nachprüfbaren Leistungsbeschreibungen, die eine leichte und eindeutige Kontrolle der abgerechneten Leistung durch den Antragsgegner zur Vermeidung einer mehrfachen Abrechnung derselben Leistung ermöglicht.

Zwar weisen die ursprünglichen Rechnungen der C die gleichen o.g. Mängel hinsichtlich des Leistungszeitpunkts und des Leistungsgegenstands auf. Jedoch wurde darin der Leistungsgegenstand wenigstens rudimentär umrissen. Deshalb wirke die mit der Rechnungsberichtigung der C lediglich nachgeholte Nennung von Bezugsdokumenten zur Präzisierung (Bauvertrag, Angebot, Leistungsbeschreibung des Architekten) nach den EuGH-Urteil vom 15.07.2010, C-368/09, Pannon Gép und vom 08.05.2013, C-271/12, Petroma Transports, auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserstellung zurück. Auch erfolgte die Rechnungsberichtigung nach Auffassung des FG Hamburg ‚vor Erlass’ der Behördenentscheidung, da das Einspruchsverfahren beim Antragsgegner noch nicht abgeschlossen ist.

 

Hinweis

Nach der abweichenden Auffassung des FG Niedersachsen (Urteil vom 23.10.2014, 5 K 140/14) entfaltet eine Rechnungskorrektur keine Rückwirkung, wenn in der erstmals ausgestellten Rechnung der Leistende, der Leistungsempfänger, die Leistungsbeschreibung und das Entgelt mit ausgewiesener Umsatzsteuer nicht oder unzutreffend angegeben ist.

Abzuwarten bleibt letztlich die Entscheidung des EuGH (Az: C-518/14) auf den Vorlagebeschluss des FG Niedersachsen v. 3.7.2014 (Az. 5 K 40/14). Der EugH hat zu klären, ob die Nachholung der ursprünglich fehlenden Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistenden in einer berichtigten Rechnung zurückwirkt (so dass der Vorsteuerabzug nicht entfällt und keine Nachzahlungszinsen anfallen).

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Beschluss vom 20.10.2014, 2 V 214/14

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