Leitsatz

1. Verpflichtet sich der Vermieter von Kfz gegenüber den Mietern, das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit zu veräußern und den Veräußerungserlös insoweit an den Mieter auszuzahlen, als er einen vertraglich vereinbarten, unter dem Buchwert der Fahrzeuge zum Vertragsende liegenden Restwert übersteigt, kann er für diese Pflicht ratierlich eine Rückstellung in der Höhe bilden, in der der vereinbarte Restwert unter dem Buchwert der Fahrzeuge liegt.

2. Verpflichtungen aus einem Erfüllungsrückstand sind abzuzinsen.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 4a, Abs. 5 Satz 1 EStG 1997, § 6 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3a Buchst. e Sätze 1 und 2 EStG 1997 n.F., § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin vermietete Fahrzeuge mit unterschiedlichen Vertragslaufzeiten überwiegend an Kunden aus Italien. Bereits im Mietvertrag wurde jeweils ein Fahrzeugrestwert nach Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart. Dieser betrug im Streitjahr durchschnittlich 20 % der Anschaffungskosten des jeweiligen Fahrzeugs und ist Abrechnungsgrundlage bei Beendigung des Mietvertrags. Nach Ablauf der Mietzeit wurden die Fahrzeuge an Dritte verkauft. Der Mieter durfte das Fahrzeug nicht erwerben, konnte aber einen Käufer benennen. Der aus der Veräußerung erzielte Verkaufspreis lag i.d.R. über dem kalkulierten Fahrzeugrestwert. Die Klägerin war gegenüber dem jeweiligen Mieter verpflichtet, den tatsächlichen Verkaufspreis unter Abzug des kalkulierten Fahrzeugrestwerts zurückzuzahlen. Die Klägerin vereinnahmte daher im Ergebnis nicht mehr als den kalkulierten Fahrzeugrestwert; alles, was sie über diesen Fahrzeugrestwert hinaus erzielte, erhielt der Kunde.

Die Klägerin hatte unter Berücksichtigung des kalkulatorischen Restwerts die Fahrzeuge auf die Mietdauer von 25 Monaten abgeschrieben. Demgegenüber vertrat das FA unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom. 15.12.2000 (BStBl I 2000, 1532) die Auffassung, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Fahrzeuge, die nach dem 31.12. des Vorjahrs angeschafft worden seien, betrage sechs Jahre. Die Klägerin bildete daraufhin aufgrund der latenten Rückzahlungsverpflichtung eine Rückstellung für die Mietrückgewährungen entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 15.4.1993, IV R 75/91 (Haufe-Index 64809). Dies lehnte das FA ab.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin den mindernden Abzug eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens bzw. unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 11.10.2007, IV R 52/04 (BFH/NV 2007, 1332) die Bildung einer Rückstellung für die Rückkaufverpflichtung. Das FG Baden-Württemberg wies die Klage mit ­Urteil vom 28.5.2010, 6 K 4384/08 (Haufe-Index 2590066) ab.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Für die Rückzahlungsverpflichtungen aus den vertraglich vereinbarten Kfz-Verkäufen seien in der Tat ratierlich anwachsende Rückstellungen wegen Erfüllungsrückständen zu bilden. Diese Verpflichtungen seien indes abzuzinsen.

 

Hinweis

Es geht einmal mehr (s. zuletzt BFH, Urteil vom 17.11.2010, I R 83/09, BFH/NV 2011, 678, BFH/PR 2011, 168) darum, wie spezifische Vertragssituationen im Kfz-Gewerbe bilanziell abzubilden sind.

1. Seinerzeit – in jenem Urteil vom 17.11.2010, I R 83/09 (BFH/NV 2011, 678, BFH/PR 2011, 168) – war dies die Frage nach der Passivierung der Verpflichtung eines Kfz-Händlers aus einer Rückverkaufsoption nach dem vorangegangenen Verkauf eines Kfz. Der BFH hatte dazu angenommen, für die Verpflichtung eines Kfz-Händlers, die verkauften Kfz auf Verlangen des Käufers zurückzukaufen, sei eine Verbindlichkeit i.H.d. dafür vereinnahmten – ggf. zu schätzenden – Entgelts auszuweisen. Denn beide Geschäftsteile – der Verkauf einerseits und die ­Rückkaufverpflichtung andererseits – stellten zwei wirtschaftlich voneinander eigenständige Rechtsgeschäfte dar. Eine "Saldobetrachtung" verbiete sich sonach. Das BMF wendet dieses Urteil (unter Änderung seiner zuvorigen Praxis) an (BMF, Schreiben vom 12.10.2011, BStBl I 2011, 967).

2. Nunmehr war die Situation eines Kfz-Vermieters zu beurteilen, der sich verpflichtet hatte, das vermietete Fahrzeug nach Ablauf der Mietzeit zu veräußern und einen dabei erlangten "Überpreis" an den Mieter auszukehren. Der Überpreis orientierte sich an einem zuvor zwischen Vermieter und Mieter ausgehandelten, unter dem Buchwert liegenden "Grundwert" der Fahrzeuge.

Letztlich kam der späteren Auskehrung auf dieser Basis der Charakter einer Mietrückzahlung zu. Der Vermieter war mit der entsprechenden Verpflichtung bereits während der Mietzeit belastet. Er befand sich damit in einem Erfüllungsrückstand, und ein solcher ist passivisch auszuweisen.

Das Ausweisverbot für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften steht dem nicht entgegen. Denn dieses Verbot bedingt, dass der Wert der eigenen Verpflichtung aus dem Geschäft den Wert des Anspruchs aus der Gegenleistung übersteigt. Davon kann keine Rede sein, wenn die ­Mieter keine weitere Gegenleistungspflicht mehr "trifft". Es handelt sich stattdessen um ein einheitliches Geschäft, das für den Vermieter keinen Verlust erwarten lässt...

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