Leitsatz

Überweist das FA eine Steuererstattung auf ein früheres, inzwischen von der Bank gekündigtes Kontokorrentkonto des Steuerpflichtigen, obwohl dieser ihm dafür ein anderes Konto benannt hat, kann es den Erstattungsbetrag auch dann nicht von der Bank zurückfordern, wenn diese denselben mit einem fortbestehenden Schuldensaldo auf dem betreffenden Konto verrechnet hat.

 

Normenkette

§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO, § 676f Satz 1 BGB

 

Sachverhalt

Auf ein bereits gekündigtes Kontokorrentkonto, das der Steuerpflichtige dem FA früher als Erstattungskonto benannt hatte, überwies das FA ein Guthaben aus einem Steuererstattungsanspruch, obwohl ihm zuvor eine neue Kontoverbindung bei einer anderen Bank mitgeteilt worden war. Die Bank nahm die Überweisung entgegen und verrechnete sie mit dem für das Konto bestehenden Schuldsaldo. Als das FA die fehlerhafte Überweisung bemerke, erließ es gegen die Bank einen Rückforderungsbescheid.

 

Entscheidung

Der BFH hat diesen Bescheid aufgehoben (Vorinstanz: FG Münster, Urteil vom 24.3.2011, 6 K 2439/10 A0). Die Bank ist nicht Leistungsempfängerin und auch nicht dadurch zur Rückforderungsschuldnerin geworden, dass sie mit der Verbuchung der Überweisung zwecks Verminderung eines Schuldsaldos eine eigene, durch den Kontokorrentvertrag bzw. dessen rechtliche Nachwirkung nicht gedeckte eigene Zweckbestimmung getroffen hätte, sodass sie einer Eingriffskondiktion ausgesetzt werden könnte.

 

Hinweis

Schuldner einer Rückforderung nach § 37 Abs. 2 AO ist derjenige, zu dessen Gunsten eine Zahlung – aus dem Empfängerhorizont betrachtet – erfolgt ist. Eine Bank, die im Giroverkehr für jemanden eine Überweisung erhält, kann sich nicht als Leistungsempfänger betrachten, ganz gleich, ob der Betreffende bei ihr ein Kontokorrentkonto hat oder hatte oder der Bank möglicherweise völlig unbekannt ist. Deshalb kann sie einem Rückforderungsanspruch des FA in Gestalt einer Leistungskondiktion nicht ausgesetzt sein. Das war seit jeher klar und Rechtsprechung auch des BFH.

Eine andere Frage ist, unter welchen Umständen die Verwendung eines Überweisungsbetrags seitens der – zunächst gleichsam als Empfangsbote angesprochenen – Bank einen Rückforderungsanspruch auslösen kann. Das hatte die frühere Rechtsprechung des BFH dann angenommen, wenn der Überweisungsbetrag auf einem gekündigten Konto gebucht worden war und dort ein Schuldsaldo bestand, die Bank also die Überweisung zur Rückführung ihrer eigenen Forderung aus dem beendeten Kontokorrentverhältnis nutzte. Der BFH sah darin eine "eigene Zweckbestimmung" der Bank, welche außerhalb ihrer Botenstellung liege.

Die neuere Rechtsprechung des BGH sieht aber auch eine solche Buchung noch als Durchführung der Kontokorrentabrede an: Aufgrund der Fortwirkungen des an sich beendeten Kontokorrentvertrags sei die Bank zwar nicht verpflichtet, wohl aber noch "für eine gewisse Zeit" berechtigt, Buchungen auf dem früheren Konto vorzunehmen.

Dem ist der BFH jetzt gefolgt. Eine Verwendung des Überweisungsbetrages zur Rückführung anderer Forderungen der Bank – etwa aufgrund eines Kreditvertrags – dürfte aber weiterhin als "eigene Zweckbestimmung" anzusehen und die Bank zum Rückforderungsschuldner (Eingriffskondiktion) machen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.11.2011 – VII R 27/11

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