Sucht der Unternehmer mehrere Betriebsstätten auf, ist die erste Betriebsstätte (entsprechend der Regelung, die für Arbeitnehmer gilt) anhand quantitativer Merkmale zu bestimmen. Entsprechend den Regelungen des § 9 Abs. 4 EStG ist von einer ersten Betriebsstätte auszugehen, wenn es sich um eine Tätigkeitsstätte handelt, die der Unternehmer typischerweise,

  • arbeitstäglich oder
  • pro Woche an 2 vollen Arbeitstagen oder
  • mindestens zu einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit

aufsucht. Treffen diese Kriterien auf mehrere Betriebsstätten zu, ist die Betriebsstätte als erste Betriebsstätte anzusehen, die am nächsten zur Wohnung liegt, wobei das häusliche Arbeitszimmer nicht einbezogen werden darf. Fahrten zu weiter entfernt liegenden Betriebsstätten sind als Auswärtstätigkeiten zu beurteilen.

Konsequenz: Freiberufler/Unternehmer dürfen bei der Nutzung eines Firmenwagens für ihre Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte nur die Entfernungspauschale geltend machen. Der Gewinn muss um die nicht abziehbaren Aufwendungen erhöht werden. Hat der Unternehmer mehrere Betriebsstätten, muss also immer geprüft werden, welche Betriebsstätte als erste Betriebsstätte zu behandeln ist, bei der nur die Entfernungspauschale anzusetzen ist.

Der BFH hat entschieden, dass ein Gewerbetreibender, der an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers fortdauernd tätig wird, dort eine Betriebsstätte begründet[1]. Steht nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Aufgabenerledigung an der ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers sowohl nach inhaltlichen als auch nach zeitlichen Kriterien eindeutig im Mittelpunkt der betrieblichen Arbeit, dann ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung seines Auftraggebers seine erste Betriebsstätte. Für die Fahrten mit dem Firmen-PKW zur ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers ist lediglich die Entfernungspauschale anzusetzen.

Dass der Kläger nur für ein Kalenderjahr tätig werden sollte, ist unbeachtlich, weil es bei einer Zuordnung für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses nicht auf den zeitlichen Umfang ankommt (§ 9 Abs. 4 Satz 3 Alternative 2 EStG). Somit kommt es auch nicht darauf an, ob bei mehreren Betriebsstätten die erste Betriebsstätte anhand quantitativer Merkmale zu bestimmen ist. Es kommt auf das Gesamtbild der Verhältnisse hinsichtlich der Aufgabenerledigung an der ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers an.

 
Praxis-Beispiel

Fahrten des Unternehmers zur ersten Betriebsstätte

Ein Unternehmer wohnt in Wachtberg und betreibt in Bonn sein Einzelunternehmen. Der Unternehmer fährt mit seinem Firmenwagen (Bruttolistenpreis 32.000 EUR) arbeitstäglich (an 220 Tagen im Jahr) zu seinem Betriebssitz in Bonn. Seine Fahrten von der Wohnung zur 10 km entfernten ersten Betriebsstätte in Bonn sind nur in Höhe der Entfernungspauschale abziehbar. Bei Anwendung der pauschalen Methode rechnet er wie folgt:

 
Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte:  
32.000 EUR x 0,03 % = 9,60 EUR x 10 km x 12 Monate = 1.152 EUR
Entfernungspauschale: 10 km x 0,30 EUR x 220 Tage = - 660 EUR
Gewinnerhöhung 492 EUR

Buchungsvorschlag:

 
Konto SKR 03/04 Soll Kontenbezeichnung Betrag Konto SKR 03/04 Haben Kontenbezeichnung Betrag
1880/2130 Unentgeltliche Wertabgaben 492 4680/6690 Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten (Haben) 492
 
Praxis-Beispiel

Eine Betriebsstätte wird nur gelegentlich aufgesucht

Ein Unternehmer hat eine Filiale in Bonn (Entfernung zur Wohnung: 15 km) und eine 2. Filiale in Königswinter (Entfernung zur Wohnung: 10 km). Er sucht die Filiale in Bonn täglich auf und die Filiale in Königswinter nur einmal in der Woche.

Die Filiale in Bonn ist die erste Betriebsstätte, sodass bei den Fahrten von der Wohnung dorthin nur die Entfernungspauschale angesetzt werden darf (siehe vorhergehendes Beispiel). Die Filiale in Königswinter ist keine erste Betriebsstätte, sodass es sich bei den Fahrten dorthin um eine auswärtige Tätigkeit handelt.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer sucht täglich mehrere Filialen auf

Ein Freiberufler hat eine Filiale in Bonn (Entfernung zur Wohnung: 15 km) und eine 2. Filiale in Königswinter (Entfernung zur Wohnung: 10 km). Er sucht täglich beide Filialen auf. Die Filiale in Königswinter ist die erste Betriebsstätte, weil sie näher zur Wohnung liegt. Die Filiale in Bonn ist keine erste Betriebsstätte, sodass es sich bei den Fahrten dorthin um eine auswärtige Tätigkeit handelt.

 
Praxis-Beispiel

Tätigkeit für verschiedene Unternehmer

Ein Freiberufler mit einem häuslichen Arbeitszimmer, der für verschiedene Unternehmen tätig ist, wohnt in Köln. Eines dieser Unternehmen stellt ihm für 2 Tage in der Woche ein Büro zur Verfügung. Dieses Büro ist als erste Betriebsstätte zu beurteilen, sodass er für seine Fahrten dorthin nur die Entfernungspauschale geltend machen kann.

 
Praxis-Beispiel

Häusliches Arbeitszimmer eines Freiberuflers und Tätigkeit außerhalb

Ein freiberuflicher Dozent bereitet sich auf seine Doze...

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