Leitsatz

1. Die Pauschalierungswahlrechte nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG und nach § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG können unabhängig voneinander ausgeübt werden. Sie sind aber jeweils einheitlich für sämtliche Sachzuwendungen an Nichtarbeitnehmer einerseits und sämtliche Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer andererseits wahrzunehmen.

2. Ausgeübt werden die Pauschalierungsmöglichkeiten nach § 37b Abs. 1 und Abs. 2 durch Abgabe einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung gemäß § 37b Abs. 4 Satz 1 EStG.

3. Die in § 37b EStG eingeräumten Wahlrechte sind widerruflich.

4. Der Widerruf ist durch Abgabe einer geänderten Pauschsteueranmeldung gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt zu erklären.

5. Die anderweitige Ausübung des Wahlrechts ist ein rückwirkendes Ereignis i.S.des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

 

Normenkette

§ 37b, § 38 Abs. 1 Satz 1, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin wandte Dritten (Nicht-Arbeitnehmern) im Jahr 2008 Wein- und Blumenpräsente zu. Die Einkommensteuer für diese Sachzuwendungen erhob sie mit der – im Januar 2009 eingereichten – Lohnsteuer-Anmeldung Dezember 2008 pauschal nach § 37b Abs. 1 EStG.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin im Jahr 2008 – über die bisher schon unter Anwendung des § 37b EStG versteuerten Zuwendungen hinaus – weitere Sachzuwendungen an Nicht-Arbeitnehmer erbracht und VIP-Karten auch zugunsten ihrer Arbeitnehmer erworben hatte. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen forderte das FA von der Klägerin gemäß § 37b EStG pauschale Lohnsteuer nach, ohne bezüglich der VIP-Karten im Nachforderungsbescheid zwischen Sachzuwendungen an Nicht-Arbeitnehmer gemäß § 37b Abs. 1 EStG und an Arbeitnehmer gemäß § 37b Abs. 2 EStG zu unterscheiden. Den dagegen erhobenen Einspruch wies es zurück.

Demgegenüber gab das FG der Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.9.2015, 14 K 10273/11, Haufe-Index 8801585, EFG 2015, 2226). Denn die Klägerin habe ihre Entscheidung zur Anwendung des § 37b EStG in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zurückgenommen.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Er hat dabei streng zwischen den beiden "Pauschalierungskreisen" unterschieden. Soweit die Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen an Nicht-Arbeitnehmer (§ 37b Abs. 1 EStG) in Rede stand, hat der BFH darauf erkannt, dass der Nachforderungsbescheid dem Grunde nach rechtmäßig sei. Denn die Klägerin habe ihr dahin gehendes Wahlrecht mit der Lohnsteuer-Anmeldung Dezember 2008 zwar ausgeübt, aber jedenfalls aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen bislang nicht formwirksam widerrufen. Das FG habe deshalb im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Höhe der Nachforderungsschuld zu treffen.

Soweit der angefochtene Nachforderungsbescheid auf die pauschale Lohnsteuer wegen der Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer ziele, könne er hingegen schon dem Grunde nach keinen Bestand haben. Denn die Klägerin habe diesbezüglich keine Pauschsteueranmeldung abgegeben und damit ihr Wahlrecht nach § 37b Abs. 2 EStG nicht ausgeübt.

 

Hinweis

1.§ 37b EStG räumt dem Steuerpflichtigen zwei Pauschalierungswahlrechte ein. Danach können Steuerpflichtige die Einkommensteuer auf Sachzuwendungen aus betrieblicher Veranlassung an Nichtarbeitnehmer (Kunden, Geschäftsfreunde, deren Arbeitnehmer; Abs. 1) und Arbeitnehmer (Abs. 2) pauschal mit 30 % (zuzüglich Annexsteuern) erheben. Durch die Pauschalierung sind die Ertragsteuern des Zuwendungsempfängers abgegolten.

2. Die Pauschalierungswahlrechte nach § 37b Abs. 1 und Abs. 2 EStG können dabei unabhängig voneinander wahrgenommen werden. Die anderslautende Vorstellung des Gesetzgebers, nach der die beiden Pauschalierungswahlrechte nur einheitlich ausgeübt werden können, findet sich im Gesetzeswortlaut nicht wieder. Die Vorschrift eröffnet ­vielmehr zwei "eigenständige Pauschalierungskreise".

3. Jedes Pauschalierungswahlrecht muss "für alle" Zuwendungen und Geschenke eines Wirtschaftsjahres einheitlich ausgeübt werden. Sowohl bei Sachzuwendungen an Nichtarbeitnehmer als auch bei solchen an Arbeitnehmer hat der Steuerpflichtige innerhalb eines "Pauschalierungskreises" nur die Wahl zwischen dem vollständigen Verzicht auf Pauschalierung und der Pauschalierung sämtlicher Sachzuwendungen.

4. Ausgeübt werden die Pauschalierungsmöglichkeiten nach § 37b Abs. 1 und Abs. 2 EStG – weil antraglos ausgestaltet – durch Abgabe einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung nach § 37b Abs. 4 EStG.

5. Die in § 37b EStG eingeräumten Wahlrechte sind widerruflich.

Will der Steuerpflichtige von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen, genügt eine formlose Erklärung hierfür allerdings nicht. Der Widerruf ist vielmehr aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in nämlicher Form wie das Wahlrecht und damit durch Abgabe einer geänderten, u.U. auf "Null" lautenden Pauschsteueranmeldung gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ES...

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