Sachverhalt

Bei der Klage der EU-Kommission gegen Portugal ging es um die Pauschalregelung für Land- und Forstwirte. Die Kommission meinte, dass Portugal dadurch gegen die Art. 296 bis 298 MwStSystRL verstoßen habe, dass es auf landwirtschaftliche Erzeuger eine Sonderregelung anwendet, mit der die Land- und Forstwirte von der Entrichtung der MwSt befreit sind, und einen Pauschalausgleich-Prozentsatz von Null anwendet, während Portugal zugleich in seinen Eigenmitteln einen wesentlichen Negativausgleich vornehme, um die Erhebung der MwSt zu kompensieren. Nach Art. 9 Nr. 33 des portugiesischen MwStG (CIVA) sind "die Lieferungen von Gegenständen, die im Rahmen der in Anhang A dieses Gesetzbuchs aufgeführten Tätigkeiten erfolgen, sowie die in Anhang B genannten landwirtschaftlichen Dienstleistungen, sofern sie von einem landwirtschaftlichen Erzeuger nebenher mit Hilfe seiner eigenen Arbeitskräfte und der normalen Ausrüstung des jeweiligen land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden", steuerfrei. Die Anhänge A und B des Mehrwertsteuergesetzbuchs entsprechen im Wesentlichen den Anhängen VII und VIII der MwStSystRL.

Das portugiesische Recht sieht für landwirtschaftliche Erzeuger keinen Pauschalausgleich für gezahlte Vorsteuer vor. Nach einer von der Kommission in Portugal unternommenen Kontrollmission bezüglich der Eigenmittel für die Jahre 2004 und 2005 teilten die portugiesischen Behörden mit, dass die von den der Sonderregelung unterliegenden Landwirten nicht in Abzug gebrachte Vorsteuer 2004 auf etwa 5,3 % und 2005 auf 7,9 % der jeweiligen Verkäufe angestiegen sei. Da die im Landwirtschaftssektor erhobene MwSt für zu hoch erachtet wurde, nahmen die portugiesischen Behörden im Jahr 2004 bei der Berechnung der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage der Eigenmittel einen Negativausgleich von etwa 70 Millionen Euro vor. Nach Prüfung der Vereinbarkeit der in Portugal auf landwirtschaftliche Erzeuger angewandten Sonderregelung mit der MwStSystRL kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass Portugal die Art. 296 bis 298 MwStSystRL missachte. Denn die dort enthaltene Pauschalregelung verlange stets die Festlegung eines angemessenen Pauschalausgleich-Prozentsatzes, wenn die einschlägigen makroökonomischen Daten anzeigten, dass die MwSt-Vorbelastung der unter diese Sonderregelung fallenden landwirtschaftlichen Erzeuger nicht Null oder nahe Null sei.

Zwar seien die Mitgliedstaaten nicht berechtigt, Pauschalausgleich-Prozentsätze festzulegen, die die Mehrwertsteuervorbelastung überstiegen, da solche Überkompensationen eine staatliche Beihilfe für die fraglichen Sektoren darstellten. Die Mitgliedstaaten könnten die makroökonomischen Daten jedoch nicht nach Belieben unbeachtet lassen und einfach entscheiden, dass keinerlei Ausgleich für die Vorsteuer erfolge. In diesem Fall wende der Mitgliedstaat auf seine Landwirte eine Sonderregelung an, die sich in ihrer Konzeption und ihren Zielen wesentlich von der gemeinsamen Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger, wie sie in Kapitel 2 von Titel XII MwStSystRL vorgesehen sei, unterscheide.

Nach Auffassung der Kommission stellt die Sonderregelung nach dem portugiesischen Recht ordnungsgemäße und einheitliche Anwendung dieser gemeinsamen Regelung dar. Tatsächlich beschränke sich die betreffende rechtliche Regelung darauf, alle landwirtschaftlichen Erzeuger, die nicht für die normale Mehrwertsteuerregelung optiert hätten, von der Steuer zu befreien und sie folglich vollständig vom Mehrwertsteuersystem auszunehmen. Unter Berücksichtigung dessen, dass die dieser Regelung unterfallenden Landwirte noch immer einen bedeutenden Teil des portugiesischen Landwirtschaftssektors darstellten, beeinträchtige diese Wahl des nationalen Gesetzgebers in schwerwiegender Weise den Grundsatz der allgemeinen Anwendung der Steuer, wonach die MwSt so allgemein wie möglich zu erheben sei und ihr Anwendungsbereich alle Produktions- und Vertriebsstufen sowie den Bereich der Dienstleistungen umfassen müsse. Außerdem sei die Einführung einer Steuerbefreiung für von Landwirten ausgeführte Umsätze in keiner Vorschrift der MwStSystRL vorgesehen und stehe im direkten Widerspruch zu Art. 296 Abs. 1, der den Mitgliedstaaten lediglich ermögliche, bei der Behandlung landwirtschaftlicher Erzeuger aus drei genau definierten Regelungen auszuwählen: der Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung, der Anwendung der in Kapitel 1 von Titel XII vorgesehenen vereinfachten Regelung und der Anwendung der in Kapitel 2 von Titel XII vorgesehenen gemeinsamen Pauschalregelung.

 

Entscheidung

Der EuGH hat der Klage der Kommission stattgegeben und Portugal wegen Verstoßes gegen die MwStSystRL verurteilt. Danach soll die Pauschalregelung für die Landwirtschaft nach Art. 272 Abs. 1 Buchst. e und 296 Abs. 1 MwStSystRL es den Mitgliedstaaten ermöglichen, landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Regelung oder der Sonderregelung für Kleinunternehmen auf Schwierigkeiten stoßen würde, von bestimmten oder ...

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